Der Kommentar am Sonntag in DNEWS24.

Gedankenmacher: CDU – der große Irrtum

Der Neustart der CDU Deutschlands ist versandet. Für unsere Demokratie ist das nicht gut.

Die Heroen der Zeitgeschichte haben es geschafft: den Wiederaufbau Westdeutschlands, die Soziale Marktwirtschaft, die Westintegration der Bundesrepublik, die Aussöhnung mit Israel und Frankreich, die Gründung der EWG (der Vorläuferin der EU), die Integration der EU, die Einführung einer europäischen Gemeinschaftswährung, freie Binnengrenzen in der EU, die Wiedervereinigung Deutschlands, der Aufbau Ostdeutschlands.

Leistungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel kommen in dieser Aufzählung nicht vor. Ihre historische Leistung war die Öffnung der Grenzen im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015/2016. Die Folgen dieser Maßnahme werden zunehmend kontrovers diskutiert. Der hehre Anspruch der Hilfe für bedrängte Menschen steht im krassen Gegensatz zu Missbrauch und ungerechtfertigter Ausnutzung eines Asylrechtes, auf das wir eigentlich stolz sein sollten. Viele andere politische Entschlüsse der Merkel-Bundesregierungen unter Führung der CDU waren übereilt und schlecht für unser Land: Atomausstieg, Abschaffung der Wehrpflicht und Abbau der Bundeswehr, Vernachlässigung der öffentlichen Infrastruktur, Rente mit 63 trotz Arbeitskräftemangel, Ignoranz der Folgen des demografischen Wandels, wirtschaftliche Abhängigkeit von autokratischen Regimen…

Leistungen der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet fallen mir spontan nicht ein. Vielleicht hätte ich die mal googeln sollen, aber das wollte ich nun auch wieder nicht.

Und heute?

Friedrich Merz wollte alles besser machen.  Fehler der Vergangenheit sollten aufgearbeitet werden, die CDU konservative Werte des Bürgertums der Mitte in Deutschland repräsentieren, die Krawall-AfD sollte halbiert werden. So das Versprechen von Friedrich Merz, für das ihn fast 95 % der CDU-Mitglieder zum Vorsitzenden der Partei von Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Helmut Kohl und Angela Merkel wählte.

Keines dieser Ziele hat die CDU unter Friedrich Merz erreicht. Gelegentlich hält der CDU-Vorsitzende glanzvolle Reden im Bundestag. Seine rhetorischen Spitzen gegen die Ampelregierung sind oft nahe an der Brillanz. Aber sonst? Wo sind die inhaltlichen Alternativen zur von Olaf Scholz verantworteten Politik? Die zu finden gelingt nur Politikwissenschaftlern, nicht den Wahlbürgern.

Merz und seine CDU hängen fest. Obwohl die Mehrheit der Bevölkerung die Politik der Ampelregierung ablehnt und die SPD, die Grünen und die FDP in Umfragen weit schlechter abschneiden als bei der Bundestagswahl 2021, glauben nicht sehr viele Wähler, dass eine andere Bundesregierung – geführt von der CDU – es besser machen könnte. Trotz der Unbeliebtheit von Bundeskanzler Olaf Scholz liegt der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz weit hinter den geringen Popularitätswerten von Scholz.

Insgesamt nur jeder dritte Wähler würde heute die Union im Bund wählen. Da fehlt noch eine große Menge an Stimmen zu einer regierungsfähigen Mehrheit. Mit der FDP allein geht’s nicht, mit den Grünen auch nicht. Eine „Groko“ mit der SPD ginge rechnerisch vielleicht ganz knapp, mit der AfD darf es nicht gehen. Da fragen sich die Wahlberechtigten, wo ist die Machbarkeit der Wende? Mit welcher Alternative zur Ampel soll sie gehen?

Was bleibt ist eine große Resignation und die nüchterne Feststellung, dass die CDU auch unter Friedrich Merz konturlos und im Grunde überflüssig geblieben ist. Da hätten Frau Kramp-Karrenbauer oder Armin Laschet auch bleiben können.

Eine zahnlose Opposition ist für die Demokratie schädlich. Friedrich Merz ist grandios gescheitert beim Versuch, die CDU wieder regierungsfähig zu machen. Welche langfristigen Folgen es für konservative Parteien haben kann, wenn rechte Populisten klug agieren, zeigen die Beispiele der Forza Italia von Silvio Berlusconi, die Schwedendemokraten und die Basisfinnen.

In Deutschland fehlt schlicht die Alternative für die bürgerliche Mitte.

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Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“

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