Der Kommentar am Sonntag in DNEWS24.

Gedankenmacher: „Papa, wir sind am A….“

Christian Lindner macht den Lambsdorff. Vielleicht. Ein wenig.

Im Sechsten Bericht zur Tragfähigkeit der Öffentlichen Finanzen in Deutschland (DNEWS24 – Bundesfinanzministerium: Der Sozialstaat ist nicht mehr zu finanzieren) wird die schonungslose Wahrheit offenbar: so, wie es jetzt ist, geht es nicht weiter. Ausgerechnet der Bundesfinanzminister, der seinen wesentlichen Beitrag zur selbsternannten Fortschritts-Koalition mit einem verfassungswidrigen Bundeshaushalt begann und sich selbst für ein „Generationenkapital“ feiert, das auch noch schuldenfinanziert ist (DNEWS24 – Rentenpläne der Ampelregierung: Riesen-Defizit droht), muss zugegeben, dass der ausufernde Sozialstaat nicht mehr zu finanzieren ist.

Dieser Mut zur Wahrheit verdient Lob.

Statt jedoch aus den eigenen Prognosen umfassende Folgerungen zu ziehen, bleibt das Lindner-Ministerium im Ungefähren. Der FDP-Vorsitzende zieht keinen klaren Schlussstrich mit dem schuldenfinanzierten Wohlfahrtsstaat. Vielmehr mahnt Linder ein Reförmchen hier und eine kleine Drehung an der sozialen Stellschraube da an. So will Lindner das inländische Erwerbstätigenpotenzial stärker nutzen. Dabei hat er selber dem Bürgergeld zugestimmt, das eben eher einem bedingungslosen Grundeinkommen für bis zu drei Millionen arbeitsfähige aber arbeitsunwillige Menschen in unserem Land gleicht. In Deutschland leben bis zu 500.000 abgelehnte Asylbewerber, die nicht abgeschoben aber voll alimentiert werden. Viele Frauen würden gern (mehr und bezahlt) arbeiten, können dies aber nicht, weil sie in der Kinderbetreuung und häuslichen Pflege familiäre Sorgearbeit leisten. Denn es fehlt allerorten an staatlicher Kinderbetreuung und bezahlbaren und lebenswerten stationären Pflegeplätzen. Der FDP-Vorsitzende will Anreize für einen längeren Verbleib im Arbeitsleben schaffen, während die SPD eine Anpassung der Lebensarbeitszeit an die gestiegene Lebenserwartung strikt ablehnt.

Das Lindner-Papier ist nicht der große Wurf, der ein Sprengsatz für die Ampel-Koalition sein könnte. Es ist nicht das Strategie-Papier, das nötig wäre, um Deutschland in diesen Krisenzeiten wieder auf einen klaren Kurs zu bringen.

Immer lauter begehren die Jüngeren gegen die Älteren auf. Zu wenige und zu schlaffe Anpassungen der Gesellschaft an die Gegebenheiten werfen sie den Babyboomern vor. Und tatsächlich ist die Reformfähigkeit unseres Gemeinwesens in den beiden letzten Jahrzehnten eingeschlafen. Bürger, Wähler und Politiker haben es sich in einem Biedermeier-Staat bequem gemacht. Jetzt präsentiert die unerbittliche Realität die saftige Rechnung.


Bild: Jacek Dylag unsplash, rawpixel freepic

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Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“

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