WikiPetra – Reportagen, Hintergrund-Analysen und Kommentare von Petra Fritz in DNEWS24.
Das antike Olympia, Wiege des Olympischen Feuers. Von Petra Fritz
Schon die Olympischen Spiele der Antike (776 v. Chr. bis 393 n. Chr.) waren ein bedeutendes Sportereignis mit religiös-kulturellem Beiprogramm und fanden – wie heute – alle vier Jahre im August statt. Der Austragungsort war der Heilige Hain von Olympia auf der Halbinsel Peloponnes. Ein gewisser Koroibus von Elis soll der erste Olympiasieger gewesen sein. Wie ging es damals im Vergleich zu heute zu? Ein Special zu den Olympischen Spielen in Paris.
Als Sportler bei den Wettkämpfen zugelassen, waren nur „freie Männer“(ohne Blutschuld); als Zuschauer ebenfalls „freie Männer“ und – man höre und staune – unverheiratete Frauen. Überdies nahm die hohe Priesterin Demeter auf der Tribüne der Kampfrichter Platz.
Jedoch konnten auch Frauen als Olympiasieger geehrt werden, da bei den Wagenrennen nicht der Lenker, sondern der oder die Rennstallbesitzer*in gekürt wurden. Für alle anderen Frauen gab es später teils eigene, als Heraia bezeichnete Wettkämpfe, wobei die Siegerinnen (wie die Männer) mit Palmzweigen und Olivenzweigkränzen dekoriert und nach den Spielen ihre Standbilder im Tempel der Hera geweiht wurden. Anfangs waren die Wettkämpfer besonders sportliche Männer, später überwiegend Berufssportler aus eher begüterten Familien, die sich die langen Vorbereitungszeiten im Trainingslager (bis zu 10 Monaten vor dem Wettkampf) und Körperpflege (Heißluftbad, Massagen und Bäder) finanziell leisten konnten. Bei einem Teil der Wettkämpfe – insbesondere den Disziplinen der Leicht- und Schwerathletik sowie dem Fünfkampf (damals Speer, Diskus, Laufen, Weitsprung und Ringen) mußten die Sportler der Identifikation wegen unbekleidet antreten. Sämtliche Läufe wurden barfuß durchgeführt und Fehlstarts mit Stockschlägen geahndet. Die Pferdesportwettbewerbe wurden bereits in einem dem Wettkampfoval angrenzenden Hippodrom ausgetragen; geritten wurde ohne Sattel und Steigbügel.
The winner takes it all
Die Sieger wurden wie Helden gefeiert und erhielten in ihren Heimatorten nicht selten Privilegen wie Steuerbefreiung, Geldprämien oder bürgerliche Ehrenrechte. Für Zweit- und Drittplatzierte gab es im Gegensatz zu den Olympischen Spielen der Neuzeit keine Ehrung. Daher wird von Athleten berichtet, die lieber sterben wollten, als Zweiter oder gar nur Zehnter bei den Olympischen Spielen zu werden.
Einerseits lautet das Motto bei Olympia „Höher, schneller, weiter“ – in Frankreich „plus vite, plus haut, plus fort“ – andererseits aber auch „Dabei sein ist alles“. Trotz zweier Teilnahmen an (Profi-)Weltmeisterschaften, blieb mir eine Olympiaqualifikation leider versagt. Warum stattdessen also nicht dabei sein, wenn in Olympia an historischer Stelle das Olympische Feuer entzündet wird? Ja, das ist durchaus für Jedermann möglich: entweder bei der am Vortag – allerdings nicht immer – stattfindenden Generalprobe bzw. in diesem Jahr am 16.04.2024 bei der offiziellen Zeremonie.
An diese antike Tradition knüpften 1894 die Olympischen Spiel der Neuzeit auf Initiative von Pierre de Coubertin an (https://de.wikipedia.org/wiki/Pierre_de_Coubertin). Bis heute pilgern täglich Tausende von Besuchern zu den Ruinen und Ausgrabungsstätten von Olympia.
Neben Olympia haftet auch dem Ort Marathon ein magischer Nimbus an. Zum ersten Marathonlauf der Neuzeit kam es 1896. Michel Breal schlug dem IOC-Gründer Baron Pierre de Coubertin vor, den sagenhaften Lauf des Pheidippides anlässlich der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit auf der historischen Strecke von Marathon nach Athen zu wiederholen. Bis heute sind dies exakt 42,195 Kilometer.
Ein Gong leitet die Anrufung des Gottes Apollo ein: Heilige Stille
Lass den Himmel, die Erde, das Meer und die Winde erklingen.
Berge verstummen.
Geräusche und Vogelgezwitscher hören auf.
Für Phoebus wird uns der Lichtträgerkönig Gesellschaft leisten.Apollo, Gott der Sonne und der Idee des Lichts,
sende deine Strahlen und entzünde die heilige Fackel
für die gastfreundliche Stadt.
Und du Zeus, schenke allen Völkern auf der Erde Frieden und
kränze die Sieger des Heiligen Geschlechts … so die freie Übersetzung aus dem Grechischen.
Olympische Flagge und Hymne
Das Olympische Emblem besteht aus fünf ineinander verschlungenen Ringen. Sie stellen die Vereinigung der fünf Kontinente dar und rufen Sportler aus aller Welt zur Teilnahme an den Olympischen Spielen auf. Entworfen wurde die Flagge von Coubertin höchst selbst, der sie 1914 dem IOC in Paris vorgestellte.
Die Olympische Hymne wurde 1896 komponiert, ihr Vers wurde vom griechischen Dichter Costas Palamas verfaßt und vom Musikkomponisten Spyros Samaras vertont . Sie wurde erstmals bei den Olympischen Spielen 1896 in Athen gespielt, erhielt aber erst 1958 auf einer IOC-Sitzung in Lausanne die offizielle Anerkennung als olympisches Symbol. Die hiesige Aufnahme ist von Ian Berwick, gesungen vom Tabernacle Chor Salt Lake City:
Eid der Sportler und Offiziellen
Wahrscheinlich wurde der Athleteneid erstmals bei den Athener Zwischenspielen im Jahr 1906 geleistet. Der Eid wird von einem Athleten aus dem Gastgeberland vorgetragen, der dabei die olympische Flagge an einer ihrer Ecken hält, umgeben von anderen Athleten, die die Fahne tragen:„Im Namen aller Wettkämpfer gelobe ich, dass wir an diesen Olympischen Spielen teilnehmen und dabei die geltenden Regeln respektieren und einhalten werden, im wahren Geiste des Sportes, zum Ruhm des Sports und zur Ehre unserer Teams.“
Im Rahmen einer Sitzung des IOCs (International Olympic Committee) 1968 in Mexiko-Stadt wurde beschlossen, die Einführung eines olympischen Eides auch für Funktionäre vorzuschlagen. Lord Killanin verfasste dazu folgenden Text: „Im Namen aller Kampfrichter und Funktionäre verspreche ich, dass wir bei den Olympischen Spielen völlig unparteiisch und im wahren Geiste des Sports die geltenden Regeln respektieren und einhalten werden.“
Wer war der Kreateur der aktuellen griechischen Fackel?
Ein gewisser Ilias Lalaounis gestaltete sie im Auftrag von Juan Antonio Samaranch anläßlich der Olmpischen Spiele in Barcelona. Ihr Design ist inspiriert von den Rippen einer griechischen Säule der antiken Tempel. Die heute noch verwendete Fackel wurde Samaranch, der seinerzeit IOC-Präsident war, 1992 im Rahmen einer Zeremonie auf dem Filopappos Hügel übergeben.
Die erste Entzündung der olympischen Flamme im antiken Olympia fand am 20. Juli 1936 anlässlich der Olympischen Spiele in Berlin mit der damaligen Hohepriesterin Koula Pratsika statt , die als Pionierin des klassischen Tanzes in Griechenland gilt und die erste Choreografin der Entzündungszeremonie war.
Nach wie vor darf das Olympische Feuer nur mit Hilfe der Sonnenstrahlen entfacht werden. Zwar kreiert jedes Gastgeberland seine eigene Fackel, die im antiken Olympia verwendete ist jedoch eine alte und dauerhaft verwendete Version. Jeder Teilnehmer des Fackellaufs trägt seine eigene Fackel, die dem Design des Gastgeberlandes entspricht; nur das Feuer wird von einem zum anderen Läufer an den oder die nächste Läufer*in weitergegeben. Was für eine grandiose Erinnerung an diesen Moment, auch wenn es meist nur 200 Meter sind.
Was genau passiert bei der Zeremonie im antiken Olympia?
Jede Ausgabe folgt einem gewissen Ritus, kann hinsichtlich Ablauf und Choreographie aber variieren und dauert ca. 1,5 Stunden. Alles geschieht in enger Abstimmung mit der „Hohen Priesterin“, die auch das Feuer am Hohlspiegel entzündet. Austragungsort ist das alte Olympiastadion, vom dem jedoch nur noch ein versandetes Längsoval umgeben von einem Graswall übrig ist.
Nachdem alle Gäste (auf Stühlen) und Zuschauer (auf Stehplätzen auf dem umliegenden Wall) an der antiken Stätte Platz genommen haben, stimmt ein Chor die Olympische Hymne an und es wird die Olympische Fahne aufgezogen. Evzonen stehen Ehrenspalier, während die Hymne des Gastgeberlandes intoniert und dessen Flagge gehisst wird. In der Regel folgen dann vier Redner, wie der Bürgermeister von Olympia, der Präsident des Gastgeberlandes, der IOC-Präsident (International Olympic Comitee) und der HOC-Präsident (Griechisches Olympisches Committee). Inhaltlich werden üblicherweise die Vorzüge des Gastlandes und die olympischen Maxime gepriesen. Sobald ein Muschelhorn-Bläser tönt, begeben sich die vier Hauptehrengäste und wenige weitere Personen durch einen Torbogen zum Bereich des Hera-Tempels. Alle anderen sind vom weiteren Entzündungsgeschehen, das etwas 25 Minuten dauert, ausgeschlossen. Entgegen kommt ihnen die Göttin Hestia. Diese schlägt zum Auftakt des zweiten Aktes dreimal einen Gong. Begleitet von einem Flötenspiel erscheinen dann 24 Priesterinnen in ihren schönen klassischen Gewändern. Acht davon bleiben auf Höhe des Hohlspiegels stehen, der Rest bewegt sich tanzend im Hintergrund. Die „Hohe Priesterin“ schreitet heran und spricht in Griechisch die klassischen Worte „Heilige Stille“. Dann nimmt sie die vor ihr liegende Fackel auf und bittet die Sonne nun die richtigen Strahlen herab zu senden. Bei entsprechendem Sonnenschein dauert es nur etwa 3-4 Sekunden, bis die Fackel brennt.
Unmittelbar danach entzündet die Fackel eine kleine schwarze Schale, die von einer weiteren Priesterin gehalten wird. Diese geht dem Tross nun voran zurück durch den Torbogen in das Stadion. Wer nahe genug ist, hört das Knirschen der Schritte auf dem Kiesboden und das dreimalige Aufeinanderschlagen von zwei Steinen. Drei Kinder, die jeweils einen Olivenzweig halten, gliedern sich in den Zug ein. Erneut ertönt drei Mal ein Gong und die 14 Herren sowie 28 Damen beginnen einen Tanzreigen, der von Harfenmusik begleitet wird. Inzwischen stellt die Priesterin die Feuerschale auf einem Steinpodest ab, entzündet damit die Fackel der Hohen Priesterin erneut und hält diese zusammen mit einem Olivenzweig in die Höhe. Ihr nähert sich nun der erste Fackelträger, meist ein erfolgreicher griechischer Sportler, der seine Fackel daran entzündet. Dieser Moment wird oft auch als „erster Kuss“ bezeichnet. Bevor er sich (begleitet von fünf Wegweisern bzw. Bodyguards) auf die erste Wegstrecke zum Grab von Baron de Coubertin macht, läßt eine Priesterin eine weiße Taube als Friedenssymbol steigen. Nun ziehen sich die Priesterinnen aus dem Stadion zurück. Die Ehrengäste beglückwünschen sich, die Zuschauer gehen ihrer Wege und die Fotographen wetteifern weiterhin um das beste letzte Bild. Etwas außerhalb des Stadions übernimmt dann der zweiter Läufer (meist aus dem Gastgeberland) das Feuer, nicht die Fackel.
Der griechische Ruder Champion Stefanos Ntouskos (gewann 2020 Olympiagold) soll 2024 der erste Fackelträger in der langen Stafette rund um die Welt sein. Allein auf dem Weg durch Griechenland (von Olympia nach Piräus) sollen 500 weitere Personen die silbrig-bronze glänzende Fackel tragen. Die letzten griechischen Fackelträger sollen Mitglieder der Wasserball-Mannschaft sein, die bei den Olympischen Spielen in Tokio Silber gewann.
Das Feuer der Fackel soll nicht erlöschen, um die Tradition und Reinheit des Feuers zu behalten. Seinen Ursprung darf das Feuer nur in Athen haben, zudem darf es nicht vermischt werden. Die Flamme brennt vom Beginn der Spiele bis zur Abschlusszeremonie, während der sie gelöscht wird. Allerdings ist es nicht ungewöhnlich, dass das Olympische Feuer versehentlich oder auch mit Absicht gelöscht wird. Aus diesem Grund werden während des Fackellaufs immer mehrere Flammen mitgeführt. Geht die Fackel aus, wird sie mit einer von diesen erneut entzündet. Während der Sommerspiele 1976 im kanadischen Montreal ging die Flamme während eines Sturms aus. Ein unbedachter Helfer zündete sie im Übereifer mit seinem Feuerzeug wieder an, aber IOC-Funktionäre löschten das Feuer sofort und entzündeten es erneut mit einer der mitgeführten Flammen.
Trotz allen Traditionen, gab es doch immer wieder Abweichungen und Besonderheiten
1952 zum Beispiel fand vor der Austragung in Oslo zwar der erste Fackellauf bei Olympischen Winterspielen statt. Weil jedoch das norwegische Morgedal als Wiege des Skisports galt, begann er dort und nicht wie üblich in Olympia. Das Feuer wurde auch nicht durch einen Hohlspiegel entzündet, sondern am Herd in der Hütte von Sondre Norheim, einem bekannten norwegischen Skisportler. Ähnlich verlief die Entfachung der Flamme in Squaw Valley 1960 und für die Spiele in Cortina d’Ampezzo 1956 wurde die Flamme im Jupiter Tempel auf dem Forum Romanum in Rom entzündet.
Wie auch immer: Das Olympische Feuer für Paris wird am 16. April 2024 gegen 12.00 Uhr im Beisein vieler geladener Gäste im antiken Olympia entzündet werden; allen voran IOC-Präsident Dr. Thomas Bach. Von dort wird es 280 Kilometer nach Athen bzw. Piräus reisen, um mit der historischen Dreimastbark „Belem“ (gebaut 1896) bis zum 08. Mai nach Marseille zu gelangen.
Wie jeder Fackellauf verspricht auch der 68-tägige olympische Fackellauf von Paris 2024 ein spektakuläres Ereignis zu werden, begleitet von vielen Feierlichkeiten, so der Präsident der Spiele von Paris 2024, Tony Estanguet. Bereits am 23. Juni 2023 veröffentlichte das Organisationskomitee die Route, die viele historische und symbolträchtige Orte streifen wird, bevor sie am 26.07. in Paris einzieht. Bonjour Paris. An der „Sorbonne“ in Paris hatte bereits Pierre de Coubertin die Rede zur Gründung der Olympischen Spiele der Neuzeit gehalten.
Mehr dazu in weiteren Olympia Specials. Die Themen auf der „Road to Paris“ sind u.a. Details zum Olympischen Fackellauf, ein Live-Bericht über die 43. Etappe im Raum Verdun, Informationen über die Austragungsstätten in Paris sowie Interviews mit Olympioniken und so manches Schmankerl.
Als Anregung hier schon mal ein paar Zahlen und Fakten rund um den Fackellauf:
- 16. April 2024: Olympische Flamme wird in Olympia (Griechenland) entzündet
- 08. Mai 2024: Ankunft der Flamme in Marseille, Frankreich
- 68 Tage Olympischer Fackellauf durch französische Regionen
- 65 Territorien, die am olympischen Fackellauf teilnehmen
- Fünf Überseegebiete (Guadeloupe, Französisch-Guayana, Martinique, Französisch-Polynesien und Réunion)
- Mehr als 400 Städte werden durchquert, darunter 65 Etappenstädte (werden noch bekannt gegeben)
- 10.000 Fackelträger sind mit von der Partie
- 3.000 Fackelträger nehmen an Teamläufen teil
- 26. Juli 2024: Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2024 am Abend in Paris
- 200 Meter beträgt die durchschnittliche Distanz, welche die Olympischer Fackelträger jeweils zurücklegen
Bilder: PFritz mit Unterstützung von Pho.to.
Petra Fritz
Die Autorin ist von Beruf Dipl-Kfm (Uni Mannheim), Jahrgang 1960, verheiratet, wohnhaft in Speyer und Locarno. Sie war 4 Jahre Personalleiterin bei den US-Streitkräften (AAFES) in Stuttgart und Heidelberg und in Folge 12 Jahre im Pharma-Management von BASF (Auslandsvertrieb) tätig, davon 18 Monate bei der Tochtergesellschaft Quimica Knoll in Mexico.
Von 2002 bis 2022 war Petra Fritz selbständige rechtliche Berufsbetreuerin (Vormund) und Verfahrenspflegerin für verschiedene Amtsgerichte in der Vorderpfalz. Seitdem widmet sie sich verstärkt ihrer Coaching- und Autorentätigkeit.
Privat war Petra Fritz Leistungssportlerin im Eis- und Rollkunstlauf (u.a. Teilnehmerin bei der Profi-WM 1978 und Top 10 1979), später 14 Jahre lang Vize-Präsidentin des Rheinland-pfälzischen Eis- und Rollsportverbandes sowie Repräsentantin „Frau im Sport“. Heute ist sie in der Freizeit gerne auf dem Wasser und auf Ski unterwegs. Ansonsten agiert sie seit 2012 auch als semi-professional Bestager-Model, Darstellerin, Moderatorin und Bloggerin für „Topagemodel.de“.
Petra Fritz hat das Buch „Mittendrin statt nur dabei“ veröffentlicht.