Ausstellungstipp in DNEWS24

München: Materialmutationen

Collagen aus Fundmaterialien der Maxvorstadt München. Ausstellung von Verena Kandler in der U-Bahn-Galerie München noch bis zum 30.08.2022.

Im Fokus der Ausstellung von Verena Kandler (Porträt in DNEWS24) steht die Erforschung und Materialverwertung von Fund- und Sammelobjekten aus der Münchener Maxvorstadt. Die Arbeitsgrundlage der Künstlerin aus Augsburg sind nicht mehr verwendete Motivbanner der Pinakotheken München. Zum Gegenstand der Verwertung werden Motivfragmente aus Dürers Selbstbildnis im Pelzrock sowie François Bouchers Barockwerk Madame de Pompadour. Bei ersterem sind Auge und Haardetails des Künstlers Albrecht Dürer zu sehen, bei letzterem eine Großansicht des abgebildeten Schuhs. Durch die Wahl des Ausschnitts wird den dargestellten Motiven eine Symbolmacht zugestanden: Auf dem Bannerausschnitt mit Schuh erforsche Verena Kandler die Grundsätze, den Bodensatz sowie einen Standpunkt unserer Gesellschaft. Der stehende Schuh ist eine Momentaufnahme einer gesellschaftlichen Dynamik. Es stellt sich die metaphorische Frage: wo stehen wir?

Motive des Barocks wie Überladenheit, Schein und Vergänglichkeit finden in unserer westlichen Gegenwart eine historische Parallele. Die künstlerische Arbeit von Verena Kandler untersucht die Prozesse des Abstreifens von Kulturpraktiken und die neo-archäologische Anhäufung dieser Schalen, Häute und Exoskelette ehemaliger und (noch) gegenwärtiger Güter der Menschheit. In der inhaltlich entgegengesetzten Arbeit mit Dürers Augenausschnitt werden die Beobachtungen der vorherigen Arbeit von einer künstlerischen Linse gebündelt und auf eine mögliche Zukunft projiziert.

Damit stellt Verena Kandler ihre Rolle als Künstlerin dar: sie versteht sich als Initiatorin und Netzwerkerin inmitten gesellschaftlicher Wandlungsprozesse. Eine Gemeinschaftscollage in Kooperation mit dem Turtle Magazine verbindet diese beiden Ansätze der Zeitlichkeit und stellt gleichzeitig eine vielsprechende Methodik für Wandel dar. Dargestellt sind Materialmutationen und Wachstumsstränge, die sich gegenseitig vernetzen und im Austausch Veränderung bewirken. Wobei sich Mutation in diesem Kontext analog zur Zellmutation als natürlicher Prozess der Entwicklung und des Ausprobierens versteht. Die entstandenen Netzwerke und Verbindungen funktionieren auf experimenteller Ebene wie ein Echolot, das nach Lösungen und Weitblick sucht. Damit drückt sich das tiefste menschliche Streben nach Fortschritt sowie eine zur Gier neigende Wollust nach Neuerung aus.

Kontakt und Informationen

U-Bahn-Galerie München (Haltestelle „Universität“ im Zwischengeschoss)

Live-Act vor Ort 25.08. von 14-17 Uhr

Finissage am 26.8. ab 19 Uhr

verenakandler.com

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