Die Stützmauer des Peter Altmaier

Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer bleibt umstritten. Genauso wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Ein Kommentar von Uwe-Matthias Müller

Das Konjunktur-Programm der Bundesregierung trägt den einprägsamen Namen „Wumms-Paket“. Damit will Bundesfinanzminister Olaf Scholz Kraft und Initiative suggerieren. 130.000.000.000 Euro in 57 verschiedenen Projekten ist ja auch ein Wort. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier jedoch warnte: „Hoffentlich wird es aus dem Wumms kein Bums.“ Häh? Was soll das bedeuten?

Die Bundesregierung gibt uns unser Geld zurück. Im Rahmen des „Wumms“-Konjunktur-Paketes ist die Senkung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte eine von 57 Maßnahmen, die gleich nach dem Höhepunkt der Cornavirus-Pandemie die Bürger-Kauflust kräftig ankurbeln soll.

Ab 1.7.2020 also zahlt jeder, der etwas kauft, 16% statt 19% Mehrwertsteuer. Egal ob sich ein Aufsichtsrat eine neue Cessna gönnt oder die alleinerziehende Mutter Windeln für das Baby kauft.

Ich halte die Ankündigung der Mehrtwertsteuersenkung Anfang Juni mit Wirkung knapp 4 Wochen später für nicht so geschickt. Ein Freund lobte die Handlungs-Fähigkeit der Groko und sagte mir, er würde ab Juli kaufen. Eben. Ab Juli, nicht, wenn die Läden wieder öffnen…

Und dann gilt die Senkung der Mehrwertsteuer für 6 Monate. Mit Beginn des Super-Wahljahres also will die Groko die Mehrtwertsteuer ab 1.1.2021 wieder auf 19% anheben. Wirklich? Das wär ja mal eine besondere Art von Wahlgeschenk…

Haben Sie schon eine Idee, wie Sie die billigere Mehrwertsteuer nutzen wollen?

Der Bundeswirtschaftsminister weiß es. Peter Altmaier hat in einem Interview erzählt, was er sich gönnen wird. Er braucht für sein privates Grundstück eine Stützmauer, die könne er sich jetzt leisten, so Altmaier. Ich habe keine Ahnung, was eine Stützmauer tut oder kostet. Nehmen wir mal an, es würde sich um 100.000 Euro handeln, dann würde Peter Altmaier 3.000 Euro sparen. Das sei ihm gegönnt, genauso wie die 15.000 Euro (!) Bruttogehalt – monatlich. Übrigens: der Durchschnittsdeutsche verdient jährlich netto 23.663 Euro. Ein Rentner erhält monatlich 1.219 Euro netto…

Der Bundeswirtschaftsminister appellierte in dem Interview auch an alle Bürger, es ihm gleichzutun und zu konsumieren. Das müsse übrigens nicht immer in der Strasse sein, in der man wohne, das könne auch online geschehen. Herr Altmaier? Bundeswirtschaftsminister Deutschlands? Appelliert zum Kauf beim Onlinehändler A.? Bahnt sich hier eine Wieder-Annäherung an die von Bundeskanzlerin Merkel so oft geschmähten USA an? Oder meinte Altmaier den Online-Händler Ali Baba aus China, dem Land, das zwar autokratisch regiert wird und uns das Coronavirus „schenkte“, sich ansonsten aber im Glanze der Zuneigung unserer Bundeskanzlerin wärmen kann. Auf jeden Fall werden sich die letzten verbliebenen unabhängigen Einzelhändler auf dem Land über den Shopping-Tipp des Bundeswirtschaftsministers „freuen“.

Konkret bedeutet die Senkung der Mehrwertsteuer für die Verbraucher, dass der Liter Milch, der derzeit noch 79 Cent kostet, künftig für nur noch 77 Cent angeboten wird. Nivea Hautcrème gibt es für 1,13 statt zuletzt für 1,16 Euro. Und die 800-Gramm-Packung gemischtes Hackfleisch für leckere Grill-Burger der Garten-Party würde bei Aldi Süd um sogar 11 Cent auf 4,18 Euro verbilligt. Gibt ein Haushalt 400 Euro im Monat für Dinge des täglichen Bedarfs mit ermäßigtem Mehrwertsteuer-Satz aus, kann er somit eine Ersparnis von knapp 7,50 Euro erwarten. Wow!

Ich hätte übrigens auch noch eine Idee, wie Sie Ihr Geld in den Umlauf bringen können und dabei sparen. Fahren Sie doch mal wieder mit der Deutschen Bahn nach Berlin. Die Hauptstadt lohnt immer einen Besuch. Und jetzt können Sie sich die Fahrt auch guten Gewissens leisten. OK, Abstandsregeln – die doch angeblich sooo wichtig sind – gelten in der Bahn nicht. Aus wirtschaftlichen Gründen verzichtet der Staatsbetrieb darauf. Aber Sie sparen! Nicht Platz, sondern Geld. Bei der Fahrt von München nach Berlin immerhin zweiundsiebzig Cent. Dafür gibt’s zwar weder einen Liter Milch und nicht mal einen Espresso oder eine Curry-Wurst. Aber 5 Stunden und 30 Minuten Bahnfahrt mit Maske. Na dann, gute Fahrt.