Versprochen – gebrochen. Waffenlieferungen als Phantom

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Die Ukraine hat in den vergangenen Wochen weitere Unterstützungszusagen anderer Länder erhalten. Neben schweren Waffen gehören dazu auch zunehmend finanzielle Mittel, wie im jüngsten Update des Ukraine Support Tracker erfasste Daten ergeben. Allerdings gibt es eine große Differenz zwischen zugesagter und tatsächlich geleisteter Hilfe – bei Waffen wie bei Finanzmitteln. Die Ukraine benötigt zuverlässige externe Finanzhilfe, um die hohen Kriegskosten zu finanzieren und einen weiteren Wirtschaftskollaps abzuwenden.

Das Volumen zugesagter Waffenhilfen – auch schwerer Waffen – ist zuletzt deutlich gestiegen (Datenerfassung bis 7. Juni). Allerdings ist die Differenz zwischen zugesagten und tatsächlich gelieferten Waffen zum Teil sehr hoch. Unter den großen Geberländern haben vor allem die USA und Deutschland deutlich mehr zugesagt als geliefert. Allerdings haben die USA vom Wert her bereits rund zehnmal mehr Waffen in die Ukraine geliefert als Deutschland. Polen und Großbritannien haben deutlich mehr zugesagt und geliefert als Deutschland. Kanada und Norwegen haben etwas geringere Zusagen gemacht, aber schon deutlich mehr in die Ukraine gebracht als Deutschland. „Deutschland hat große Zusagen gemacht, aber bisher kaum geliefert. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern hat die Regierung noch keine schweren Waffen in die Ukraine geschickt: Nur ein Drittel der konkret zugesagten Militärhilfe ist angekommen. Die Daten helfen also die dringenden Appelle der ukrainischen Regierung an die Bundesregierung zu erklären“, sagt Christoph Trebesch, Forschungsdirektor am IfW Kiel und Leiter des Teams, das den Ukraine Support Tracker erstellt.

Die zugesagten Finanzhilfen sind seit Mitte Mai vor allem seitens der EU-Institutionen deutlich gestiegen. Insgesamt sind der Ukraine inzwischen von den wichtigsten Gebernn mehr als 30 Mrd. Euro an Hilfen für den Staatshaushalt versprochen, tatsächlich geflossen sind seit Februar allerdings nur rund 6 Mrd. Euro. Das Ergebnis ist eine wachsende Finanzierungslücke. „Neben Waffen wird finanzielle Hilfe zunehmend dringlich für die Ukraine. Der Krieg lässt die Steuereinnahmen einbrechen und verursacht zugleich enorme Kosten, etwa zu Bezahlung der Soldaten oder zur Reparatur essenzieller Infrastruktur. Das bringt den Staatshaushalt unter Stress. Der Internationale Währungsfonds schätzt eine Finanzlücke 5 Mrd. Euro pro Monat, seit Juni enstrpricht das also mehr als 15 Mrd. Euro an benötigten externen Finanzhilfen. Da gerade mal ein Drittel davon bisher angekommen ist, war die ukrainische Zentralbank gezwungen die Zinsen drastisch zu erhöhen, was die Wirtschaft nochmal mehr belastet“, sagt Trebesch. „Eine weitere Sorge ist, dass die Finanzhilfe aus der EU fast vollständig aus Krediten besteht, also einen Schuldenberg hinterlässt. Im Gegensatz dazu haben die USA vor allem Zuschüsse zugesagt, die nicht zurückgezahlt werden müssen.“

Insgesamt gesehen hat die EU im jetzt zusätzlich erfassten Zeitraum (10. Mai bis 7. Juni) mit ihren Unterstützungszusagen sichtbar gegenüber den USA aufgeholt, die USA sind aber weiter mit Abstand der größte Geber. Setzt man die Zusagen ins Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, leisten weiterhin die baltischen Staaten und Polen am meisten, deutlich mehr als große europäische Länder wie Deutschland, Italien und Frankreich. „Insgesamt ist die europäische Hilfe für die Ukraine allerdings nach wie vor sehr überschaubar, vor allem wenn man bedenkt was hier auf dem Spiel steht. Fast alle EU-Länder haben bisher mehr für das Abpuffern der Kriegsfolgen im eigenen Land mobilisiert, als für die Ukraine selber“, sagt Trebesch.

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