Der Kommentar am Sonntag in DNEWS24.

Die Renten-Alchemie bringt die Demokratie ins Wanken. Gedankenmacher in DNEWS24

Deutschland ist auf einem guten Weg. Die Sozialsysteme bleiben, wie sie sind. Alles ist gut. So oder so ähnlich tönt Bundeskanzler Olaf Scholz. Hat er die Demografie in Deutschland nicht verstanden?

Das deutsche Rentensystem wird von der Ampelregierung an die Wand gefahren. Das klingt hart, polemisch, vielleicht sogar populistisch. Und lässt sich mit Fakten belegen.

Die Finanzierungs-Grundlage der gesetzlichen Rente (GKV) ist simpel: das Umlageverfahren bedeutet, dass die Beitragszahler – also die aktiven Arbeitnehmer – nicht einen Kapitalbestand für ihre eigene Rente aufbauen wie bei einem Kapitaldeckungsverfahren. Die Beitragszahler erwerben nur einen Anspruch auf eine spätere eigene Rente, keinen Kapitalstock. Vielmehr finanzieren sie die Bezüge der aktuellen Rentenbezieher. Wenn aktuelle Beitragszahler später in das Rentenalter kommen und dann zu wenig Beitragszahler bereit sind, deren Rentenansprüche zu erarbeiten, gibt es keine Rente. So schrecklich einfach ist das.

Ob die Beitragszahler künftig Rentenansprüche finanzieren wollen, hängt mit dem dafür nötigen Aufwand und dem gesellschaftlichen Konsens ab.

Schon heute reichen die Beitragszahlungen der Arbeitnehmer nicht annähernd für die Auszahlung der laufenden Renten aus, weswegen aus dem Bundeshaushalt 2022 109 Milliarden Euro Bundesmittel an die Gesetzliche Rentenversicherung („Bundeszuschuss“) flossen – Tendenz steigend.

Denn in den nächsten Jahren gehen viele Arbeitnehmer geburtenstarker Jahrgänge in Rente. Die Zahl der Rentner steigt auch, weil die SPD-geführte Bundesregierung unter Olaf Scholz sich beharrlich weigert, das Renteneintrittsalter an die demografische Entwicklung und an die gestiegene Lebenserwartung anzupassen. Zu der Realitätsverweigerung von Scholz, Heil & Co gehört auch die fehlende Bereitschaft, dem seit Jahren anhaltenden Sterbefallüberschuss Rechnung zu tragen. So sind 2023 693.000 Kinder in Deutschland geboren aber 1,02 Millionen Menschen gestorben. Also: immer weniger Arbeitnehmer müssen für immer mehr Rentner zahlen.

Einfach ausgedrückt gehen die Bürger im Land davon aus, dass sich Arbeit lohnt und sie im Alter eine Rente erhalten werden, die ihnen ein finanziell sorgenfreies Leben erlaubt. Das ist naiv angesichts der Demografie in Deutschland in Kombination mit dem fehlenden Reformwillen der Ampelregierung. Daran ändert auch nichts das schuldenfinanzierte sogenannte „Generationenkapital“, das viel zu gering bemessen ist, um eine ordnungspolitische Wende weg vom Umlageverfahren hin zur Kapitaldeckung einzuleiten.

Ebenso töricht ist die Annahme der Politiker, dass es schon irgendwie gut gehen wird mit der Rente. Nichts geht gut. Die Altersversorgung ist eine mathematische, keine homöopathisch-ideologische Angelegenheit. Wer den Bürgern allerdings weismachen will, das 1 + 1 auch mal mehr als 2 sein kann, wird irgendwann ein böses Erwachen erleben.

KEINE der im Bundestag vertretenen Parteien, einschließlich AfD und BSW, hat ein Rentenkonzept, welches das Geld der Bürger in deren Verantwortung belässt und auf die Kraft der Märkte baut. Im Gegenteil: AfD und BSW fordern noch mehr Staat und Wohltaten-Umverteilung. Sie wollen den Bürgern suggerieren, dass sie klüger und verantwortungsvoller mit dem Geld der Arbeitnehmer, Beitragszahler, Steuerzahler und Rentner umgehen als diese selbst.

Wer das glaubt, sollte auch gleich die Frage beantworten, was wohl schwerer wiegt, die Arroganz oder die Ignoranz der für die Rente Verantwortlichen? Wie auch immer, JETZT ist die Zeit zu handeln und das Rentensystem endlich so zu reformieren, dass nicht nur unsere Rentner, sondern auch deren Kinder und Enkel fröhlich sagen können: „Eines ist sicher – die Rente!“.


Bild: Sarah Donovan, Christian Lue unsplash

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Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“

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