5 1/2 Stunden.

Die Impf-Quote in Bayern ist nicht Spitze. Ein Grund könnte das typisch deutsche System der Impf-Zentren sein.

Nach den Zahlen des Robert Koch-Institutes (RKI) haben nur Sachsen und Thüringen eine schlechtere Impf-Quote gegen das Corona-Virus als Bayern. Das sollte Markus Söder, dem Minister-Präsidenten, der stets als Primus glänzen will und nie müde wird, seine (vermeintlichen) Leistungen in das hellste Licht zu rücken, zu denken geben. Denn dieses Mal ist nicht Jens Spahn oder die EU oder sonst wer schuld, es ist das System Söder, das hier nicht funktioniert aber ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen wird.

Nehmen wir als Exempel Impf-Zentren. Die Idee einer zentralen Anlaufstelle ist im Prinzip gut. Das Schlüssel-Wort hier ist ZENTRAL. Ein Impf-Zentrum sollte funktionieren und gut erreichbar sein. In einem Landkreis mit knapp 100.000 Einwohnern und drei Städten über jeweils 10.000 Einwohnern das Impf-Zentrum in die einzige Stadt ohne Bahn-Anschluss zu legen, mutet schon wie ein Schildbürgerstreich an. Das Impf-Zentrum dann aber auch noch auf einem Hügel der Stadt einzurichten, obwohl die wenigen Busse des ÖPNV dort gar nicht halten, sondern am Markt-Platz, von dem man dann als Impfwilliger einen Fußweg hügelauf bewältigen muss – wer denkt sich so etwas aus? Welche Mutter mit Kinderwagen, welcher Ältere soll das schaffen? Shuttle-Busse vom Markt-Platz zum Impf-Zentrum gibt es nicht. Die Landkreis-Busverbindungen sind so schlecht getaktet, dass ein Impfwilliger dann auch 5 1/2 Stunden braucht, um von A nach B und zurück zu kommen. 5 1/2 Stunden!

Wer all das auf sich nimmt und sich impfen lässt, der will sich unbedingt impfen lassen. Die anderen warten, bis der Hausarzt anruft und einen Impf-Termin anbietet. Auch deswegen schleppt sich die Impf-Kampagne hin. Es sind eben nicht nur Jens Spahn und die EU, die bis zum Versagen nicht gut gearbeitet haben, es ist auch Markus Söder.

Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“