Neulich in Berlin: Coronavirus – eine Stadt vor dem Shutdown

Ein kurzer Situations-Bericht in der Woche, in der COVID19 unser tägliches Leben veränderte. Von Uwe-Matthias Müller

Ich glaube oft, ich lebe in der besten aller Welten. Die längste Zeit des Jahres in einer kleinen Stadt des schwäbischen Barock an der bayerischen Donau, oft aber auch in der Hauptstadt Deutschlands, in Berlin.

Es sind immer die gleichen Routinen: der Zug ab Lauingen um 0715 Uhr, die mittägliche Ankunft am Berliner Hauptbahnhof, immer die selben Hotels, oft gar das selbe Zimmer dort.

Dieses Mal aber war es anders. Der ICE war leer, ungewöhnlich zu dieser Tageszeit. Die Hotel-Halle war leer, völlig ungewöhnlich zu dieser Tageszeit. Morgens – ich bin Frühaufsteher – um 06.00 Uhr, wenn sich sonst schon immer 15 – 20 Hotel-Gäste in den Frühstücks-Saal schieben, manchmal auch ganze Reisegruppen, die noch schnell irgendwohin weitermüssen – niemand hatte offenbar in diesen Tagen die Absicht, zu frühstücken. Schlicht, weil im Hotel kaum Gäste logierten.

Was kann ich mich über die rücksichtslosen Idioten echauffieren, die mit den neumodischen E-Scootern die Bürgersteige entlangrasen und sich (ist mir egal) und andere (IST MIR NICHT EGAL) gefährden. Dieses Mal: niemand hatte die Absicht, E-Scooter zu fahren.

U- und S-Bahn in Berlin sind im Berufsverkehr kommunikationsfördernd überfüllt. Man muss zu dieser Zeit den ÖPNV schon mögen, sonst wird es in jedem Wortsinn, eng. Dieses Mal schaute ich am Morgen aus dem Hotelfenster und sah – leere, völlig LEERE S-Bahnzüge.

An einem der Tage wollte ich die hochgelobte Ausstellung „Monet. Orte“ im Museum Barberini in Potsdam besichtigen. Das Ticket war online gekauft, der Time-Slot reserviert. Am Abend vor dem Besuch erhielt ich eine freundlich-sachliche Mail, das Museum werde ab sofort geschlossen, um Besucher und die Menschen, die im Museum arbeiten, zu schützen. Schade aber völlig OK für mich.

In Berlin gab es zu der Zeit noch keine Entscheidungen. Der (sogenannte) „Regierende“ Bürgermeister Müller (wichtig: nicht verwandt und nicht verschwägert mit dem Autor!) gab erst mal an die Senatoren den Auftrag zu prüfen, was wann und wie getan werden könne/müsse, um den längst veröffentlichten Empfehlungen des Bundesgesundheitsminsteriums und des Robert Koch Institutes zu folgen. Der politisch waidwunde Müller, der so unbeliebt ist, dass seine eigene Partei zögert, ihm das politische Gnadenbrot eines Bundestag-Sitzes zu gönnen, zögert. Wie eigentlich immer. Für den gelernten Buchdrucker Müller sind Verantwortung und Führung Kapitel in einem Buch mit sieben Siegeln.

Zurückgekehrt nach Bayern zeigt sich, dass das Leben hier (fast) weitergeht wie immer. Die Stadtbücherei ist geschlossen, ebenso die VHS und das Hallenbad. Die Schüler haben ab Montag frei. Und bevor man am Sonntag die Wahllokale zur Kommunalwahl betreten darf, gilt es die Desinfektions-Flaschen am Eingang zu benutzen, um die Wahlhelfer nicht zu gefährden. Sonst aber: Life as usual.

Die nächsten Wochen werden darüber entscheiden, ob wir Bürger so vernünftig, bedacht und unegoistisch handeln, dass unser Gesundheits-System und die vielen guten Geister, die dort aufopferungsvoll Dienst am Nächsten tun, dem Pandemie-Druck standhalten.

Geben Sie auf sich, Ihre Nachbarn und Freunde acht. Bleiben Sie gesund.

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