Die Grundrente ist ein Murks. Ein Kommentar von Uwe-Matthias Müller
Mehr als Flickwerk und ein fauler Kompromiss zur Grundrente war wohl nicht zu erwarten. Wenigstens diese Erwartung wurde nicht enttäuscht. Meint Uwe-Matthias Müller
Die ehemalige Große Koalition ist jetzt ganz klein. In Zahlen, im Marketing, im Denken. Der Kompromiß zur Grundrente, der nach 10 Monaten zähem Verhandelns geschlossen wurde, ist dafür das Beispiel.
Zunächst die Fakten
Die Grundrente werden Menschen erhalten, die mindestens 35 Jahre lang in die staatliche Altersvorsorge eingezahlt haben und dennoch kaum von ihren Bezügen leben können. Sie sollen künftig eine Rente erhalten, die zehn Prozent über der Grundsicherung liegt. Die Grundrente ist ein Zuschlag auf die Rentenansprüche, die diese Menschen durch Arbeit, Kindererziehung oder Pflege erworben haben. Sie werden nahezu so behandelt, als ob sie in diesen 35 Jahren für 80 Prozent eines Durchschnittslohns gearbeitet hätten. Eine umfassende Einkommensprüfung ersetzt die im Koalitions-Vertrag vereinbarte Bedürftigkeitsprüfung. Diese Einkommensprüfung soll automatisiert zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden ablaufen, sodass kein Rentenempfänger beim Amt seine gesamten Finanzen offenlegen muss. Die Grundrente bekommen Alleinstehende mit einem Gesamt-Einkommen bis 1.250 Euro pro Monat und Paare mit einem Einkommen von weniger als 1.950 Euro pro Monat. Als Einkommen in diesem Sinn gelten die bisherige Rente und sonstige Einkünfte wie z. B. aus Vermietung oder Kapitalerträgen (Zinsen und Dividenden). Nicht berücksichtigt werden sehr niedrige Einkommen aus Minijobs. Als Beitragszeiten sollen neben Arbeitsjahren auch Erziehungszeiten, Pflichtbeitragsjahre für Pflege und Krankheitszeiten anerkannt werden.
Darum ist die Grundrente Murks
Es ist gut, dass die Bundesregierung (mal wieder) zugibt, dass es in Deutschland Altersarmut gibt. Aber sie geht das Problem nicht grundsätzlich an, indem sie Massnahmen umsetzt, die das Entstehen von Altersarmut verhindert und bestehende Altersarmut gerecht beseitigt.
Die Bundesregierung hat kein tragfähiges Finanzierungs-Konzept für den geschlossenen Grundrenten-Kompromiss. Die Finanzierung über Steuereinnahmen statt über die Rentenversicherung ist nicht systemkonform und verdeckt nur, dass der Generationen-Pakt schon heute nicht mehr funktioniert. Die Rente ist nicht mehr sicher.
Die Bundesregierung ist ideologie-getrieben nicht willens, ein wirkliches Konzept für eine grundlegende Renten-Reform vorzulegen. Dazu müsste auch die Verkündung der Wahrheit gehören, dass die Rente künftig nicht mehr als eine minimale Grundsicherung sein kann. Mehr ist einfach durch den Generationenvertrag nicht zu finanzieren. Wer seinen Lebensstandard im Alter erhalten will, muss zusätzlich etwas tun. Das ist dann die Private und die Betriebliche Altersvorsorge, die ganz anders gestaltet und gefördert werden muss. Das aber will Frau Merkel nicht, denn es brächte Unruhe ins Wahlvolk. Und die SPD will das nicht, weil es die staatlichen Umverteilungs-Potentiale einschränken würde.
Was zu tun ist
Alle im Bundestag vertretenen Parteien haben kein Konzept für eine grundlegende und zukunftsfeste Rentenreform. Die AfD hat sogar überhaupt kein Rentenkonzept. Also müssen die Bürger selbst etwas tun. Sie müssen erkennen, dass die Rente nicht mehr sicher ist und selbst vorsorgen.
Der Autor Uwe-Matthias Müller
Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus. Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.
Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“
Mit „Neulich in Berlin…“ erzählt „UMM“ Erlebnisse und Eindrücke aus der Stadt, die sich selbst als arm aber sexy beschreibt und der Gesellschaft, die dem demografischen Wandel unterliegt.