Die DDR war (k)ein Unrechtsstaat(?)!
Einige in Deutschland diskutieren, ob die DDR ein Unrechtsstaat war. Das offenbart einen eklatanten Mangel an Erinnerungsvermögen oder Wahrheitsliebe.
Schön war die Zeit in Berlin, als ich vor einigen Tagen in der Hauptstadt war, um an den Feierlichkeiten zum Fall der Mauer vor 30 Jahren teilzunehmen. Ich traf viele Zeitzeugen, die damals dabei waren oder sogar aktiv gehandelt konnten. Erstaunlicherweise war kein Vertreter der AfD präsent, ganz so, als ob Menschen, die sich heute dieser Partei zuwenden, damals nicht existent gewesen wären. Und es war auch – außer Katja Kipping/Die Linke – kein Vertreter der SED-Nachfolge-Partei dabei, ganz so, als hätte es die Ereignisse vor 30 Jahren nicht gegeben.
So waren es die Bügerrechtler von 1989 sowie kluge Historiker und Journalisten von heute, die gelegentlich die Frage aufwarfen, ob die DDR denn ein Unrechtsstaat gewesen wäre.
Das Gegenteil von einem Unrechtsstaat ist ein Rechtsstaat. Da gibt es keine Schattierungen und Differenzierungen, das ist so oder es ist eben nicht so. In dem Sinne ist es für mich reine Zeit- und Energie-Verschwendung darüber nachzudenken und zu diskutieren, OB die DDR ein Unrechtsstaat war. Bestenfalls kann es darum gehen, Jüngeren in Erinnerung zu rufen, WAS die DDR als Unrechtsstaat qualifizierte.
Dazu reicht es völlig, ein paar Stichworte aufzuzählen. Keine Meinungs-Freiheit. Keine freie Wahl des Wohnortes, der Ausbildung, des Berufes oder des Arbeitgebers. Wehrkunde-Unterricht in Kitas und Schulen. Jugendwerkhöfe, die geführt wurden wie Konzentrations-Lager. Menschenhandel und Zwangsadoptionen. Zwangs-Enteignungen und Zwangs-Kollektivierungen von Eigentum. Keine Reise-Freiheit, stattdessen Selbstschuss-Anlagen und Minenfelder. Medizinische Menschenversuche. Ein Stasi-Apparat, der um ein Vielfaches größer war, als die Gestapo im Dritten Reich. Waffenhandel, Unterstützung von Terrorismus auf der ganzen Welt und Beherbergung von Terroristen. Umweltvernichtung. Veruntreuung von Kulturgütern und Verschleuderung von Volksvermögen. Keine unabhängige Justiz, aber die Todesstrafe. Mehr als 380 Ermordete, die die Mauer oder innerdeutsche Grenze überwinden und die DDR verlassen wollten.
Ich könnte weitere Charakteristika aufzählen. Offensichtlich hindern sie die vielen Wähler in Ost UND West nicht, eine Partei zu wählen, die Rechts-, Wirtschafts- und Ideologie-Nachfolgerin der SED ist. Und es hindert weder die SPD noch die Grünen daran, mit der Linken Regierungen zu bilden. Neuerdings denken sogar Vertreter der Partei, die die Deutsche Einheit maßgeblich bewerkstelligt hat, an Kollaborationen mit der Linken. Ja, die CDU in Thüringen und anderswo will das.
Dem Satz „Der Sehnsucht nach Freiheit und demokratischer Mitbestimmung hatte der Unrechtsstaat der DDR im Herbst 1989 nichts mehr entgegenzusetzen.“ haben vier (!) Justizminister der Länder Brandenburg (Stefan Ludwig, Die Linke), Bremen (Dr Claudia Schilling, SPD), Hamburg (Till Steffen, Bündnis90/Die Grünen) und – war ja klar – Berlin (Dirk Behrendt, Bündnis90/Die Grünen) nicht zugestimmt, weil die DDR KEIN UNRECHTSSTAAT gewesen sei. Das sagt viel über die handelnden Personen und die Parteien, die sie vertreten aus. Insbesondere über die Vertreter der Partei Bündnis90/Die Grünen, die die Bürgerrechtsbewegung von 1989 noch im Parteinamen tragen.
Und es sagt viel über die Bürger heute in unserem Land aus, die das hinnehmen und weder protestieren noch demonstrieren.
DER AUTOR
Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus. Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.
Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“
Mit „Neulich in Berlin…“ erzählt „UMM“ Erlebnisse und Eindrücke aus der Stadt, die sich selbst als arm aber sexy beschreibt und der Gesellschaft, die dem demografischen Wandel unterliegt.