Der Bundesrechnungshof klagt an

Geldverschwendung des Staates ist keine läßliche Sünde. Es ist eine Sünde wider die Interessen der Bürger und der Generationen, die die Untreue bezahlen müssen. Die Bemerkungen 2019 des Bundesrechnungshofes klagen die Bundesregierung an.

Der Bundesrechnungshof hat dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung die Bemerkungen 2019 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes zugeleitet. „Unsere Bemerkungen sind eine wichtige Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung durch Bundestag und Bundesrat“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller anlässlich der Veröffentlichung der Bemerkungen 2019. „Uns interessiert: Wo hat der Bund seine Mittel nicht regelkonform oder unwirtschaftlich eingesetzt? Wo hat er es versäumt, Mittel einzunehmen, die ihm zustehen?“

Außengrenzen unzureichend geschützt

Die Schengen-Staaten haben in den vergangenen Jahren Visumanträge unzureichend geprüft und Personen bei der Einreise in den Schengen-Raum nachlässig kontrolliert.

Zum Schengen-Raum gehören insgesamt 26 europäische Staaten, darunter auch Deutschland. Innerhalb des Schengen-Raums können sich Personen grundsätzlich frei und ohne Grenzkontrollen bewegen. Als Ausgleich für die weggefallenen Kontrollen an den Binnengrenzen einigten sich die Schengen-Staaten auf Sicherheitsinstrumente, mit denen die Voraussetzungen für die Einreise und die Kontrollen an den Außengrenzen einheitlichen Standards unterworfen werden. Hierzu zählen insbesondere einheitliche gesetzliche Vorgaben für die Erteilung von Schengen-Visa und für den Mindestumfang der Kontrollen an den Außengrenzen. Für beide Aufgaben sind dabei die nationalen Behörden der Schengen-Staaten zuständig.

Die Mängel bei der Prüfung der Visumanträge und bei den Einreisekontrollen sind nicht nur aus Gründen der Ordnungsmäßigkeit abzustellen. Vielmehr können sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung und auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Schengen-System beeinträchtigen. In letzter Konsequenz gefährden sie damit das Prinzip des freien Personenverkehrs im Schengen-Raum.

Der Bundesrechnungshof hat das BMI und das Auswärtige Amt daher aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für die ordnungsgemäße und konsequente Anwendung der Schengener Sicherheitsinstrumente einzusetzen. Zugleich müssen die Ressorts sicherstellen, dass deutsche Behörden die Standards einhalten.

Weitere 27 gravierede Mängel

Der vorliegende Hauptband der Bemerkungen 2019 umfasst 28 Prüfungsergebnisse, die in den kommenden Monaten im Bundestag beraten werden. Sie betreffen unter anderem Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, Beschaffungen bei der Bundeswehr, den Verkehrsträger Schiene, den Bereich der IT (IT-System im Hochbau oder der Einsatz von Apps), Mindereinnahmen im Steuerbereich, Zulagen im Besoldungsrecht des Bundes sowie die Bundesagentur für Arbeit. Dazu Kay Scheller:

„Den Umstieg vom Privat-Pkw auf den ÖPNV zu fördern, ist angesichts der Klimaherausforderungen richtig. Nur muss so eine Förderung selbst auch die Klimaziele im Blick behalten. Im Fokus der Förderung sollte nicht der Kraftstoffverbrauch der Busse stehen: je mehr Verbrauch, desto mehr Förderung. Vielmehr sollten ökologische und nachhaltige Kriterien wie Schadstoffklassen und Energieeffizienz ausschlaggebend sein.“

„Die Transparenz bei der DB AG muss deutlich besser werden“, so Scheller weiter. „Die DB AG verweigert uns Auskünfte über ihre Geschäftstätigkeit. Das Verkehrsministerium nimmt das hin. Auch das Ministerium bekommt längst nicht alle Unterlagen, die es erhalten sollte. Beispiel: Unterlagen zur britischen Arriva und ihrer wirtschaftlichen Lage. Auch hier unternimmt es nichts. Diese laissez-faire Haltung des Ministeriums muss aufhören.“

Zum Schützenpanzer PUMA erklärt Scheller: „Der PUMA soll bei NATO-Einsätzen der Bundeswehr eine zentrale Rolle spielen. Dass die Besatzung nach wie vor keinen funktionierenden Gefechtssimulator für die Ausbildung hat, ist sehr unglücklich. Jahrelang wurde in die falsche Richtung geplant, wurden über 100 Mio. Euro ausgegeben. Knapp die Hälfte davon verpufft, weil sich das Konzept ändert – nach 15 Jahren Planung.“

Apps in der Bundesverwaltung: Verschwendung in Millionenhöhe

Mehrere Bundesbehörden gaben für Entwicklung und Betrieb von 18 eigenen App-Angeboten sowie Werbung dafür fast 5 Mio. Euro aus, ohne Bedarf und Wirtschaftlichkeit nachgewiesen zu haben. Auch den Erfolg der Apps kontrollierten sie nicht. Es genügt aber nicht, Bürgerinnen und Bürger mit modernen Medien über Sachthemen informieren zu wollen, wie z. B. mit „Wissen wappnet“ über Verbraucherrechte oder „Waldfibel“ über deutsche Wälder. Die Behörden hätten unter anderem messbare Ziele festlegen müssen, z. B. wie viele Bürgerinnen und Bürger sie durch die Apps mindestens informieren und auf welche Weise sie feststellen wollen, ob das gelungen ist. Ein „Nice-to-have“ rechtfertigt keine Ausgaben in Millionenhöhe.

Mangels IT-System kein Überblick im Hochbau des Bundes

Seit Jahren verzögert das Bundesinnenministerium (BMI) den Aufbau eines IT-Systems, das Daten zu Baumaßnahmen systematisch und strukturiert darstellt. Daher kann es den zivilen Hochbau des Bundes nicht vollständig überblicken, obwohl der Bund dafür jährlich 1 Mrd. Euro ausgibt. Das BMI kann insbesondere nicht übergreifend analysieren, warum Baumaßnahmen teurer wurden. Nur mit vergleichbaren Daten über Baukosten, Bauzeiten und deren Entwicklung im Bauverlauf kann das BMI planen und steuern. Mit einem solchen IT-System könnte das BMI strukturelle Schwachstellen im Hochbau des Bundes erkennen, beheben und so Kosten- und Zeitpläne besser einhalten. Ohne das IT-System fehlt auch eine wichtige Grundlage für eine Reform des Bundesbaus.

Der Bundesrechnungshof erwartet, dass das BMI das IT-System nicht weiter verzögert, sondern es mit Priorität konzipiert und den Aufbau terminlich konkretisiert.

Weiterhin falsche Gehälter für neue Soldaten

Die Bundeswehr berechnet seit Jahren das Gehalt für neu eingestellte Soldat/innen falsch – häufig zu deren Lasten. Das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) verstieß gegen seine Zusage gegenüber dem Parlament, fehlerhafte Gehaltszahlungen zu vermeiden. Es muss endlich die vom Bundestag geforderten wirksamen Kontrollmechanismen einführen und den Soldat/innen das richtige Gehalt auszahlen. Bereits 2013 hatte der Bundesrechnungshof aufgezeigt, dass die Bundeswehr Gehaltsstufen in vielen Fällen falsch festgesetzt hatte. Der Bundestag forderte daraufhin vom BMVg, fehlerfreie Zahlungen sicherzustellen. 2017 stellte der Bundesrechnungshof fest, dass die Bundeswehr die Gehaltsstufen weiterhin fehlerhaft und verspätet festsetzt. Teilweise dauert die Bearbeitung der Stufenfestsetzung mehr als zwei Jahre. Auch wirksame Kontrollmechanismen fehlen noch immer.