COVID19: Frauen, Arme und Senioren leiden besonders
Die soziale Schere schneidet für immer mehr Bürger den sozialen Existenz-Faden ab. Eine Rechnung von Sascha Rauschenberger.
Unser Augenmerk richtet sich auf die Wirtschaft. Die Verschwörungstheoretiker. Die Toten. Oder auch die möglichen Toten durch und mit Corona. Nicht aber auf die, die zu den Ersten gehören werden, wenn es weiter abwärts geht. Oder auch nur so bleibt. – Auf die Armen und Senioren. Das RKI liefert uns täglich neue Kennzahlen, Indikatoren und Vergleichszahlen für was auch immer und meint damit die Katastrophe abbilden zu können. Politiker machen sich wichtig mit Schaubildern, die sie vermutlich nicht verstehen, weil sie die zugrunde liegenden mathematischen Modelle nicht hinterfragt haben und/oder auch nicht verstehen wollen, und reden strahlend von „Verbesserung“.
Es stellt sich die Frage, WAS sich gerade verbessert. Ein Wert oder die Lage?
Tatsache ist, dass die Lebensmittelpreise gerade stark ansteigen. Parallel zu den ohnehin stark und überproportional ansteigenden Energiepreisen. Letztere sollen zum Kochen von Speisen und zum waschen/desinfizieren von Kleidung und Masken wichtig sein, so der allgemeine Glaube… Einzelhändler gehen massenhaft Pleite oder reduzieren ihr Angebot, da auf Grund der immer noch geltenden Restriktionen im Laden selbst nicht mehr so viel verkauft wird. Und die Verbraucher geben nicht mehr so viel Geld für nicht-notwendige Dinge aus, da sie nicht wissen, ob sie morgen überhaupt noch Geld haben oder arbeitslos sein werden. Das wenige, was am Ende des Tages übrig bleibt, das geht dann auch nicht mehr an DIE TAFELN und andere wohltätige Organisationen, die Armen helfen über die Runden zu kommen. Das mag wöchentlich nur eine Tasche voll gewesen sein. Vielleicht einen Verkaufswert von 10-20 Euro gehabt haben, aber unter dem Strich waren das dann im Monat 40-80 Euro. Und gerade in Ballungszentren kann diese für immer noch viele Bürger kleine Summe bei Niedrigrenten und Geringverdienern eine große Hilfe sein. Gar die Rettung sein!
Das fällt nun weg. Besonders auch dadurch, weil gerade DIE TAFELN vom tatkräftigen Engagement der Älteren leben. Von Senioren, die zum Teil christlich engagiert ein Bedürfnis haben, zu helfen. Aus Nächstenliebe (siehe DNEWS24: DIE TAFELN IN KÖLN-PORZ: WAHRHEITEN, BEI DENEN DER DEUTSCHE STAAT GERN WEGSIEHT). Und diese Nächstenliebe wurde von Corona auch betroffen. Denn diese Nächstenliebe unterliegt der Kontaktsperre und einem altersbedingten zusätzlichen Infektions-Risiko bei der Hilfe.
Es ist auch nicht so, dass alle Bedürftigen wirklich Hilfe annehmen. Eine Forderungskultur ist eher anderswo zu beobachten. Viel zu viele schämen sich, selbst Sozialhilfe anzunehmen und ihre geringen Einnahmen „aufzustocken“ wie das bürokratisch korrekt heißt. Was für die einen eine viertel Tankfüllung für ihren Kinder-Shuttle-SUV ist, also zu vernachlässigen, ist für Viele die Antwort auf die Frage, ab dem Wievielten im Monat die „Diät beginnt“. Und ab wann es dann auch nur noch „Nudeln ohne Ketchup“ gibt. Diese Formulierung wird der Autor NIEMALS vergessen, denn er stammt von einem damals Neunzehnjährigen!
Und jetzt wird also alles Corona-bedingt teurer. Weil Lieferketten wegbrachen. Nachfrage und Angebot variieren und somit die Preise treiben. Wie sollen Kurzarbeiter nun ihre steigenden Mieten und Energiekosten deckeln? Wo vielleicht zwei niedrige Einkommen gerade so zum Notwendigsten gereicht haben? Wo Arbeitslosigkeit zusätzlich droht?
Wer als Mitarbeiter im Lohnniedrigsektor weiß denn, was die Kunden der Kunden des eigenen Unternehmens brauchen? Diese Frage wissen oft die Geschäftsführer selbst nicht zu beantworten. Ständig nagende Angst macht auch krank. Mitunter sehr schnell. Und was ist, wenn alte Menschen ihre Geschäfte gar nicht mehr erreichen können, weil diese Pleite sind und das autogerechte Gewerbegebiet auf der ehemals grünen Wiese nicht fußläufig zu erreichen ist? Dann kommen Kosten für Fahrkarten zu anderen Märkten zu den schon bestehenden Belastungen hinzu. Klar, nur zwei bis drei Euro pro Fahrt. Nur treibt das die monatlichen Zusatzkosten nochmals um 16 bis 24 Euro hoch. Und nein, Lieferservice fällt auch aus. Genauso wie das Beladen der Rolltasche auf Maultierniveau. Gerade für Ältere.
Natürlich betrifft die Corona-Krise auch andere. Selbstständige, die durch Nullumsätze ihre privaten Krankenkassen nicht mehr zahlen können. Und nicht jeder war da freiwillig drin, um der Häme schon mal vorzubeugen. Außerdem haben diese Privatversicherten nicht unerheblichen Anteil an dem, was Ärzte verdienen und so auch anderen anbieten können. Konnten… denn auch Arztpraxen gehen gerade pleite. Weniger Patienten durch geänderte Zugangsregeln der Praxen haben bei Fallpauschalen halt … Auswirkungen. Auch das trifft dann wieder Senioren und Arme doppelt. Verhindert ggf. auch rechtzeitige Arztbesuche. Weil die Praxen nicht mehr ohne weiteres erreichbar sind. Geld für Fahrkarten fehlt wieder. 906,00 Euro ist der durchschnittliche „Zahlbetrag“ für Altersrenten in Deutschland, also die Bruttorente abzüglich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Dieser Betrag ist dann noch zu versteuern. Die durchschnittliche Miete für eine 60-qm-Wohnung in Deutschland beträgt 8,03 Euro = 481,80 Euro. Wie gesagt, das sind Durchschnittszahlen. Die Miete in Berlin liegt etwa um 50% höher… Wer nur ein paar Hundert Euro im Monat hat, davon 75% Miete zahlt hat wenig Spielraum für solche 3-Euro-Fahrscheine. Wer ab dem Zwanzigsten im Monat Nudeln isst und eine Konservendose von Aldi als sein Sonntagsessen ansieht, auf das er sich die Woche über schon freut, kann keine zusätzlichen drei Euro für Fahrkarten ausgeben. Denn für diese drei Euro kann er drei Kilo Nudeln kaufen. Oder drei Dosen Erbsensuppe im Discounter… Und wer jetzt denkt, dass das unter „selbst Schuld“ fällt, der möge daran denken, dass Altersarmut nun auf dem Vormarsch ist. Die eigene Altersversorgung wird seit zehn Jahren nicht verzinst, das mietfreie Eigenheim der anstehenden Grundsteueränderung unterliegt und der Staat gerade die gierige Krake spielt, da er eigentlich selbst pleite ist. Ach ja. Wissen SIE denn, was die Kunden der Kunden Ihres Brötchengebers brauchen um am Ende IHR Geld zu verdienen? Oder wie SIE dastehen, wenn im Alter der Ehepartner stirbt? Mit 65% Rente von was?
Einfach mal die Augen aufmachen. An den Kassen im Supermarkt. Wer da was kauft und mit Centstücken mühsam abbezahlt…