Wenn das die Zukunftskoalition ist…

Verdrängen, versagen, verantwortungslos. Die gutwilligen Bürger fühlen sich verraten.

Keine Impf-Pflicht, nie wieder Lockdown, Freedom Day, das Ende der pandemischen Lage von nationaler Tragweite: das sind und waren die Versprechen. Und nun? Es gibt kaum noch freie Betten auf den Intensiv-Stationen. Allein diese Aussage ist in der Wirklichkeit menschenverachtend – gegenüber den Kranken, ihren Angehörigen und den vielen Tausend Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflege-Einrichtungen. Die Menschen an ihren Arbeitsplätzen sind am Limit, viele von Ihnen sind schon über ihrem Limit. Sie funktionieren – noch, ohne Rücksicht auf ihre eigene Gesundheit, auf ihre Familien, auf ihr Sozialleben.

Gleichzeitig beharren Politiker von ganz rechts bis ganz links auf kruden Theorien und Aussagen, die die einen den Kof schütteln lassen und die anderen Mitmenschen in ihren wirren Verschwörungs-Theorien bestätigen. Zwischen ganz links und ganz rechts sitzen CDU/CSU und tun so, als ob sie nichts tun könnten. Und dann sitzen da noch SPD, FDP und Bündnis90/Grüne, die nichts tun wollen, um denen, die noch Dienstwagen und Minister-Büros haben, keine Erfolge zu gönnen. Manche von ihnen tun sogar so, als ob sie mehr eine Alternative für Deutschland seien als die AfD.

Furchtbar.

Das Wort „Politikverdrossenheit“ ist uralt. Dass, was wir derzeit erleben, ist aber ein totaler und radikaler Vertrauensverlust in die Kompetenz der Handelnden – sowohl der Politik, als auch der Wissenschaft, wie ich ihn mir nie vorstellen konnte. Die Folge ist, dass Millionen Bürger in unserem Land zu Impf-Verweigerern geworden sind, ohne Alu-Hüte zu tragen und/oder rechtsradikal zu sein. Sie haben einfach genug. Sie können „es“ nicht mehr hören.

Besonders schlimm ist die Lage in den CDU/CSU-Hochburgen – und bald vielleicht ehemaligen Hochburgen. Dort, wo die Menschen nicht mehr nachvollziehen können, was da in Berlin alternativlos und unkommentiert geschieht. Dieses überhebliche Schweigen zu dem, was die „Menschen da draußen“ wirklich besorgt, hat der CDU bei den letzten Wahlen fast das Genick gebrochen. Wenn man die Zahlen der Hoch-Inzidenzen und Impf-Verweigerungen in Bayern genau analysiert, dann sind vor allem die Gebiete betroffen, die so tiefschwarz sind wie wenig andere Regionen in Deutschland. Das Tischtuch des Vertrauens zwischen den Regierenden und den gutwillig regiert werden Wollenden ist zerschnitten. Das alte Polit-Personal kann es nicht mehr flicken. Das gilt für Armin Laschet ebenso, wie für Markus Söder. Die ruckartigen bösartig-hyperaktiven Schmutzeleien des MP und CSU-Chefs in Tateinheit mit einem ziemlich kompletten Versagen beim Katastrophen-Schutz bleiben niemand mehr verborgen.

Die selbsternannte „Zukunfts-Koalition“ in Berlin scheint derweil schon gescheitert, bevor sie die Umzugs-Kartons in ihre neuen Büros schleppen konnte. Die Idee, ohne exekutive Befähigung legislativ Aktionismus beweisen zu wollen und dann die Decke noch am falschen Zipfel zu fassen, lässt Schlimmes ahnen. Das dröhnende Schweigen zur mutwillig herbeigeführten humanitären Katastrophe an der Grenze zwischen Weißrussland und Polen und zur Rolle des „lupenreinen“ Demokraten Putin, lässt dagegen aufhorchen. Welche Rolle in dem Zusammenhang ein Ex-Kanzler der SPD und die Millionen einer russischen Stiftung in Mecklenburg-Vorpommern spielen, ist Spekulation. Weniger unkonkret sind die Drohungen, die Gas-Lieferungen nach Europa und Deutschland zu drosseln und uns frieren zu lassen. Das macht frösteln…

Am Horizont dräut die Frage: was kommt, wenn die Ampel scheitert? Die Antwort auf diese Frage macht Angst. German Angst.

Denn es gibt wahrlich viel zu tun: in Sachen Klimaschutz, in Sachen Digitalisierung, beim Wiederaufbau maroder Infrastrukturen und bei der Bewältigung des demografischen Wandels. Unser Land hat weder Zeit noch Geld oder Geduld. Es muss gehandelt, reformiert und gearbeitet werden. Jetzt. Für uns. Für unser Land und unsere Gesellschaft.

Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“