Vor allem in Österreich und Deutschland bleibt Frauen der Kinderwunsch oft unerfüllt

In Österreich und Deutschland gäbe es keine demografische Lücke, würde der Kinderwunsch jeder Frau erfüllt. Warum das nicht passiert aber in anderen Ländern Europas klappt, zeigt eine neue Studie.

Der Wunsch nach eigenen Kindern und dessen Erfüllung liegen weit auseinander. Dies zeigt eine neue Studie von Forscherinnen der Wirtschaftsuniversität Wien und des Instituts für Demografie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, die DNEWS24 vorliegt. Die Unterschiede zwischen den 20 untersuchten Ländern in Europa sind demnach deutlich. In Frankreich etwa ist die Lücke relativ klein. Vergleicht man die durchschnittliche Anzahl der Kinder, die sich junge Französinnen in den 1990er Jahren im Alter von 20 bis 24 Jahren gewünscht hatten, mit der Anzahl der Kinder, die sie in späteren Jahren tatsächlich bekommen haben, so liegt der Unterschied bei 0,12 Kindern pro Frau. In Spanien allerdings ist er mit 0,75 Kindern pro Frau gleich sechs Mal so groß. In Österreich (0,28) und Deutschland (0,3) ist er immerhin noch mehr als doppelt so groß.

Für die sogenannte Kohortenstudie haben Eva Beaujouan von der Wirtschaftsuniversität Wien und Caroline Berghammer vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Wien die Daten von über 12.500 Frauen ausgewertet, die in den 1990er-Jahren im Alter von 20 bis 29 Jahren für die „Fertility and Family Surveys“ der UN-Wirtschaftskommission nach ihrem Kinderwunsch befragt worden sind. Die beiden Demografinnen untersuchten zunächst, wie viele Kinder sich 20- bis 24-jährige Frauen im Schnitt wünschten und verglichen diese Zahlen mit den späteren tatsächlichen Geburtenraten.

Die größten Unterschiede zwischen Kinder-Wunsch und -Realität gibt es demnach in Südeuropa. Während sich Frauen hier relativ viele Kinder wünschen, liegen die tatsächlichen Geburten deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. In zentral- und osteuropäischen Ländern ist die Lücke dagegen größtenteils eher gering. Lediglich das wirtschaftlich angeschlagene Baltikum sowie Slowenien bilden hier eine Ausnahme. Deutschland und Österreich verzeichnen zwar sehr niedrige Geburtenraten für die untersuchten Jahrgänge, allerdings liegt hier auch der Kinderwunsch mit 1,8 und 1,95 Kindern pro Frau deutlich unter dem Durchschnitt.

Während Frauen in Ost- und Zentraleuropa fast nie ein Leben ohne Kinder führen wollen und mit zehn bis zwölf Prozent auch einen eher geringen Anteil kinderloser Frauen verzeichnen, bleiben in Österreich und Deutschland sehr viel mehr Frauen ungewollt kinderlos.

Ein Grund dafür liegt in der sehr verbreiteten Kinderlosigkeit der gut gebildeten Frauen, wie eine weitere Analyse zeigt. Dafür nahmen die beiden Demografinnen den Kinderwunsch von 25-bis 29-jährigen Frauen zum Ausgangspunkt und teilten die Befragten je nach Bildungsabschluss in drei verschiedene Gruppen ein. Dabei zeigte sich, dass in beinahe allen untersuchten Ländern die gut gebildeten Frauen weniger Kinder bekamen als die anderen beiden Bildungsgruppen. Gleichzeitig war ihre gewünschte Familiengröße nicht unbedingt geringer als die aller anderen Frauen. Auch unter den Kinderlosen war die Gruppe mit dem hohen Bildungsabschluss besonders stark vertreten. In Italien etwa blieben 30 Prozent der gut gebildeten Frauen ohne Nachwuchs.

Nur in wenigen Ländern, wie der Tschechischen Republik, Norwegen, Ungarn und Belgien zeigte sich kein Zusammenhang zwischen hoher Bildung und Kinderlosigkeit.

Um die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit bei der Familiengründung zumindest zu verkleinern, sollten daher Akademikerinnen besonders unterstützt werden, schreiben die beiden Autorinnen, zum Beispiel durch ein gut ausgebautes Kinderbetreuungssystem, einkommensabhängiges Elterngeld sowie eine höhere Flexibilität von Arbeitszeiten und Arbeitsort für Mütter – und selbstverständlich auch für Väter.