Landtagswahl in Thüringen – die Mitte zerbröselt. Ein Déjà vu.

Erfurt ist nicht Weimar. Aber die Republik von Weimar wirft ihre langen Schatten bis nach Erfurt.

Die Landtagswahlen 2019 in Thüringen sind ein Fanal. Und ein Menetekel. Ein Drittel der Wahlberechtigten haben gar nicht abgestimmt. Ein Drittel der Wählenden haben die Nachfolge-Partei der SED gewählt – dies im Jahr 30 nach dem von den Bürgern der DDR erkämpften Fall der Mauer. Ein Viertel der Wähler haben rechts gewählt. Die Parteien der demokratischen Mitte – CDU, SPD, Grüne, FDP –  erreichen nur noch etwa 40% der Wähler-Stimmen.

Irgendetwas läuft schief in unserem Land. Die mantra-mäßig geplapperten Worte: „Wir müssen jetzt in Demut analysieren.“ kann und mag ich nicht mehr hören. Thüringen war ja kein singulärer Unfall. Der Niedergang der ehemaligen Volksparteien hat schon vor längerer Zeit begonnen, zuletzt hat er sich in Sachsen und Brandenburg manifestiert.

Thüringen ist ein Land voller Geschichte. Im Umkreis von 60 Kilometern sieht man die Wartburg, wo die größte und nachhaltigste Revolution in Europa ihren Beginn nahm, die Reformation. In Weimar begann die erste deutsche Republik ihr kurzes Dasein. Dort kann man noch heute das NS-Gau-Forum besichtigen. Es steht schräg gegenüber vom neuen Bauhaus-Museum. In Buchenwald steht als Mahnmal eines der größten Konzentrations-Lager der Nazis auf deutschem Boden.

Ist die Situation in Thüringen heute vergleichbar mit der Entwicklung zwischen 1919 und 1932? In mancher Hinsicht gewiß. Krawalle, Mord-Drohungen und sprachliche Extrem-Polarisierung sprechen eine deutliche Sprache. Und auch der Trend der Ergebnisse der Landtags-Wahlen stimmt nachdenklich. Am Ende – 1932 – war die Mitte in Thüringen schwach und die populistischen Ränder links und rechts stark. Nur 1932 war das Jahr der Wirtschaftskrise. Heute geht es den Menschen (noch) gut. Sie jammern auf hohem Niveau. Das kann sich ändern…

Die Ergebnisse der Landtags-Wahlen in Thüringen 1919 – 1932

Der Autor Uwe-Matthias Müller

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus. Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“

Mit „Neulich in Berlin…“ erzählt „UMM“ Erlebnisse und Eindrücke aus der Stadt, die sich selbst als arm aber sexy beschreibt und der Gesellschaft, die dem demografischen Wandel unterliegt.