Kanzler-Kandidatur der Union – den Bürgern ist es egal

Die Union ist aktuell fast doppelt so stark wie Bündnis90/Die Grünen und fast zweieinhalbmal so stark wie die SPD. Der Eindruck, die Bundestagswahl 2021 wäre schon entschieden, könnte aber täuschen. Erstens wird Angela Merkel, die seit 15 Jahren im Kanzleramt sitzt, nach allem was man derzeit zu wissen glaubt, nicht mehr antreten. Wenn sie aber nicht mehr zur Wahl steht, haben auch andere Parteien – insbesondere Grüne und SPD – eine Chance, die so genannten Merkel-Wähler für sich zu gewinnen. Fast jeder zweite aktuelle Unionswähler gilt als Merkel-Wähler. Zweitens ist die Antwort auf die Frage, wer Kanzlerkandidat der Union wird, noch völlig offen. Und drittens gibt es innerhalb der Union noch nicht einmal eine Einigung, wann der richtige Zeitpunkt für eine solche Entscheidung ist. Hermann Binkert (INSA)

Wie stehen die Befragten zu einer Entscheidung der Kanzlerkandidatur der Union erst zu Ostern nächsten Jahres?

In dieser Woche fragte INSA im Auftrag der BILD, ob es die Befragten für zu spät halten, sollte sich die Union erst nach Ostern 2021 auf einen Kanzlerkandidaten zur Bundestagswahl 2021 festlegen. Insgesamt geben 26 Prozent der Befragten an, dass sie dies für zu spät halten, während 28 Prozent es nicht für zu spät halten. 35 Prozent der Befragten wissen es nicht und zwölf Prozent möchte dazu keine Angabe machen.

Zwischen den unterschiedlichen Altersgruppen sind nur geringe Unterschiede festzustellen: Befragte ab 60 Jahren (28 %) geben dabei am häufigsten an, dass sie es für zu spät halten, gefolgt von Befragten zwischen 18 und 29 Jahren und zwischen 40 und 49 Jahren (jeweils 26 %). Befragte zwischen 30 und 39 Jahren und zwischen 50 und 59 Jahren stimmen jeweils zu 24 Prozent der Aussage zu. Jedoch ist die häufigste Antwortoption in sämtlichen Altersgruppen „weiß nicht“.

Tendenziell steigt die Zustimmung zu der Aussage mit steigendem Bildungsniveau: So geben Befragte mit einem Abitur oder einer Fachhochschulreife zu 29 Prozent an, dass sie eine Entscheidung für einen Unions-Kanzlerkandidaten nach Ostern 2021 für zu spät erachten, gefolgt von 26 Prozent der Befragten mit Mittlerer Reife oder einem gleichwertigen Abschluss und 19 Prozent der Befragten mit einem Haupt- oder Volkshochschulabschluss. Bei Befragten, die sich noch in schulischer Ausbildung befinden bzw. jenen ohne Bildungsabschluss sinken die Zustimmungswerte weiter auf elf bis 16 Prozent. wiederum sind die „weiß nicht“-Werte relativ hoch, insbesondere bei jenen ohne Schulabschluss und jenen mit einem Haupt-(Volks-)schulabschluss (42-45 %).

Die Zustimmungswerte zu der Aussage steigen mit dem Haushaltsnettoeinkommen: Befragte mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 4.000 Euro und mehr (32 %) geben am häufigsten an, dass eine Entscheidung auf einen Unions-Kanzlerkandidaten nach Ostern zu spät sei, gefolgt von Befragten mit einem Einkommen zwischen 3.000 und weniger als 4.000 Euro (29 %) und Befragten mit einem Einkommen von 2.000 bis weniger als 3.000 Euro (28 %). In den beiden unteren Einkommensgruppen geben 24 bzw. 18 Prozent an, dass sie eine Entscheidung auf einen Kanzlerkandidaten der Union nach Ostern 2021 für zu spät halten. In diesen beiden Einkommensgruppen ist außerdem der Anteil der Befragten, die sich nicht festlegen wollen oder können, am höchsten (45 bzw. 42 % zu 28 bis 33 %).

Die Unions-Wähler sind in der Frage, ob eine Festlegung auf einen Kanzlerkandidaten nach Ostern 2021 zu spät sei, gespalten: 39 Prozent erachten diesen Zeitpunkt als für zu spät, während 37 Prozent der Unions-Wähler dies nicht für zu spät halten und 21 Prozent es nicht wissen, ob eine Festlegung nach Ostern 2021 zu spät sei. Auch 36 Prozent der derzeitigen AfD-Wähler und 33 Prozent der derzeitigen FDP-Wähler würden eine Festlegung nach Ostern 2021 für zu spät befinden (30 bzw. 43 % Ablehnung). Grünen-Wähler hingegen finden den Zeitpunkt relativ-mehrheitlich nicht zu spät (35 zu 28 %). Sowohl SPD- als auch Linke-Wähler geben als häufigste Antwort an, es nicht zu wissen, jedoch tendieren beide Gruppen eher dazu, die Aussage abzulehnen (32 bzw. 37 % zu 29 bzw. 19 %).

Sonntagsfrage

In dieser Woche kann die Union ihren Stimmanteil bei der aktuellen Sonntagsfrage um einen Prozentpunkt im Vergleich zur Vorwoche ausbauen und erreicht nun insgesamt 36 Prozent. Damit baut die Union ihren Vorsprung vor den zweitplatzierten Grünen aus, welche im Vergleich zur Vorwoche einen halben Prozentpunkt abgeben müssen und somit 18,5 Prozent der Stimmen erlangen. Dahinter folgt mit 14,5 Prozent die SPD, welche im Vergleich zur Vorwoche einen Prozentpunkt verlieren. Unverändert auf der vierten Position liegt die AfD, welche weiterhin 11,5 Prozent der Stimmen erlangt. Die Linkspartei kann einen halben Prozentpunkt hinzugewinnen (7 %) und die FDP verliert einen halben Prozentpunkt (6 %).

Bei den sicheren Wählern gewinnt die Linke im Vergleich zur Vorwoche einen Prozentpunkt hinzu und die FDP und die Grünen verlieren jeweils einen Prozentpunkt. Bei den anderen Parteien verändert sich der Anteil der sicheren Wählern im Vergleich zur Vorwoche nicht.

Jeweils vier Prozentpunkte im Vergleich zur Vorwoche können sowohl SPD als auch die Grünen bei den potentiellen Wählern verzeichnen. Auch die FDP gewinnt im Vergleich zur Vorwoche zwei Prozentpunkte hinzu und die Union einen. Die AfD verbleibt bei den potentiellen Wählern auf dem Wert der Vorwoche. Die Linke verliert einen Prozentpunkt.

Die SPD kann außerdem den Anteil derer, welche ausschließen, diese Partei zu wählen, um drei Prozentpunkte verringern. Auch die Union verringert diesen Anteil um einen Prozentpunkt. Einzig die Linke steigert ihr Negativpotential um zwei Prozentpunkte. Das Negativpotential bei AfD und FDP verbleibt auf den jeweiligen Werten aus der Vorwoche.