Der Kommentar am Sonntag in DNEWS24.

Gedankenmacher: Die verdammten Boomer

Von selbsterwählten Gurus, die nur Scharlatane sind.

Vielleicht war es witzig gemeint, wahrscheinlich war es aber nur gedankenlose Gutmenschlichkeit. Vor einigen Tagen flatterte eine Einladung zu einem Werkstattgespräch auf den digitalen Schreibtisch. Der Titel „Generationen im Gespräch“ klingt ja erst einmal harmlos und positiv. Na klar, Generationen sollen miteinander und nicht übereinander sprechen. Also – neugierig geworden- schaute ich auf das, was als Inhalt angekündigt wurde. Ich fand die üblichen Schlagworte: Demografischer Wandel, Arbeitskräftemangel, Herausforderungen. Personalmangel, Wissensverlust, einseitige Sichtweisen, Vielfalt, Altersdiskriminierung, Netzwerk, Altersdiversität, zukunftsfähige Lösungen, altersspezifische Bedürfnisse.

Alles für sich richtig – und dennoch schon tausendmal gehört oder gelesen. Außer Hören und Lesen passiert aber viel zu wenig in der Wirtschaft, in der Gesellschaft. Denn es gibt immer etwas, was noch wichtiger ist: der Klimawandel, Digitalisierung, der Krieg in der Ukraine oder der Kampf gegen Rechts. Da fällt der zwangsläufige Wandel unserer Gesellschaft durch die Demografie eben hinten runter. Und wenn man dann weiß, dass diese Ampelregierung zwar einen Bundesbeauftragten für Tierschutz aber keinen Bundesbeauftragten für Demografie hat, dann lässt sich der Stellenwert der größten Wählergruppe in Deutschland klar einordnen. Während Karl Lauterbach – wie alle seine Vorgänger – für die Organspende trommelt, will das Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erst am 18. März 2024 seinen Betrieb aufnehmen. Bello und Mietze können seit Jahr und Tag online registriert werden…

Das Beste an der oben erwähnten Einladung war aber der Punkt „Vorabendprogramm“. Klar, wer arbeitet, der soll auch feiern – äh Pardon, networken. Und damit das networken auch wirklich Spaß macht, wird generationsübergreifend gekocht: Toast Hawaii aus der Generation der 1980er Jahre, eine vegane Bowl der Millenials und ein Braten für die Babyboomer. Das is(s)t es: während die Millenials sich klimapolitisch korrekt aus einer veganen Bowl verköstigen, vertilgen die Boomer einen BRATEN. Dabei weiß doch jeder, wieviel Wasser die Bratentiere verbrauchen und wie oft sie pupsen. Aber die Boomer sind halt unbelehrbar. Erst erfinden Sie den ICE und vergessen, genügend Gleise zu bauen; dann erfinden Sie Windräder und vergessen, Stromleitungen zu bauen. Wenigstens das mit dem Internet hat geklappt, sonst könnten Sie nicht diesen Gedankenmacher in DNEWS24 lesen. Da geht es Ihnen besser als manch anderem Bürger, der mangels Internet noch auf Satelliten-Fernsehen oder gedruckte Zeitungen angewiesen ist.

Übrigens: bei mir gibt es heute einen leckeren Sonntags-Braten vom Bio-Metzger, jetzt erst recht!


Bild: Tim Mossholder, Giacomo Luciani unsplash

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Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“

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