Diese Corona-Politik gefährdet unsere Demokratie

Nicht die Extremisten der AfD und der Linken gefährden unsere Demokratie, die Gefahr lauert in der Mitte des Bundestages.

Als Hobby-Historiker erinnern mich die aktuellen Zustände in Thüringen an die Zeit Anfang der dreißiger Jahre des zurückliegenden Jahrhunderts. Die Linke und die AfD haben eine deutliche parlamentarische Mehrheit im Landtag. Die bürgerliche Mitte wird von den Rändern zerrieben. Man mag das nicht glauben, wenn man durch Weimar und Erfurt streift und den Ministerpräsidenten Bodo Ramelow im edlen Zwirn gewandet trifft, wie er seinen Dackel ausführt. Hinter dieser scheinbürgerlichen Fassade lugt allerdings Frau Hennig-Welsow, Landesvorsitzende von Die Linke Thüringen und seit 2014 auch Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag, hervor. Ihre Ansichten sind bestenfalls wunderlich, in Wahrheit wahrscheinlich extremistisch und umstürzlerisch. Sie will eine andere Republik. Das sagt sie auch ganz offen. Auf dem Bundesparteitag der Linken hat sie sich versprochen und im letzten Moment korrigiert, als sie ankündigte, die CDU aus dem Land fegen zu wollen. Später war es dann nur noch die Regierung, aus der die CDU entfernt werden sollte. Hitler hat sich 1932 ganz ähnlich geäußert… Frau Hennig-Welsow winkt auf der anderen Seite des Flügels Björn Höcke zu, der laufend völkischen Quatsch schreit und dennoch in Thüringen und darüber hinaus von identitären Querdenkern und sonstigen Idioten angehimmelt wird.

Letztlich werden die beiden aber keine parlamentarische Mehrheit im Bund erhalten.

Größere Chancen hat da eine Kombination in beliebiger Farbenfolge: Rot-Rot-Grün. Im Politlabor Berlin kann man besichtigen, was RRG tut: alles für Minderheiten, die RRG für wert hält, nichts für andere Minderheiten, wenig für die Mehrheit. Das ist schlecht für die Demokratie, aber gut für die Medien-Präsenz in Presse-Organen, die willfährig lobhudeln und gendern. Und siehe da: RRG hat trotz allem Versagen eine Zustimmungs-Quote in Meinungsumfragen von deutlich über 50%. Die gleichen Bürger, die aktiv unter der RRG-Senats-Politik in ihrem täglichen Leben leiden, wollen (und werden) RRG wieder wählen. Verrückt? Nein, denn die bürgerliche Opposition aus CDU und FDP bietet in Berlin weder inhaltlich noch personell eine attraktive Alternative.

Aber wen außerhalb Thüringens oder Berlins interessiert schon die Konstellation in den dortigen Landtagen? Ende September findet die Bundestags-Wahl statt und da geht es um die Nachfolge der ewigen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Ein genauer Blick auf die Bundespolitik zeigt: die wahre Gefahr für unsere Demokratie und unsere Gesellschaft liegt dort, bei der Bundespolitik. Die katastrophalen Fehler des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn sind für jedermann greifbar. Man weiß gar nicht ob es nur Faulheit oder schon Dummheit ist: vormittags bramarbasiert er vollmundig in der Bundespressekonferenz über die tolle Test-Strategie der Bundesregierung; wenige Stunden später wird ein Gipfel mit Vertretern der Wirtschaft abgesagt, weil die Bundesregierung gar nicht weiß, wann und wo wie viele Tests zur Verfügung stehen und was mit den Testergebnissen passieren soll. Ja, Herr Spahn bekommt es nicht hin, seinen Amtseid zu erfüllen und Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Jetzt bockt er auch noch wie ein Pubertierender: die Bild berichtet, während der Sitzung der Taskforce zur Test-Beschaffung sei er ungeduldig mit seinem Handy beschäftigt gewesen. Schließlich quengelte er: „Ich verstehe ehrlicherweise überhaupt nicht, warum ich mich als Bundesgesundheitsminister mit der Frage beschäftigen muss.“. Ich verstehe auch nicht, warum Herr Spahn das noch soll…

Was machen die Bundesländer? Tagen in endlosen MPK, die Länderchefs spielen Handy-Games und widersprechen den soeben von ihnen verabschiedeten Beschlüssen umgehend. Was macht der Bundestag? Statt Herrn Spahn intensiv zu befragen, festzunageln und eigene Gesetzes-Initiativen zu verabschieden, meckern die Abgeordneten mehr oder minder laut und tun sonst – nichts.

Nichts? Das stimmt so auch nicht. Jedenfalls Abgeordnete der CDU/CSU sind fleißig. Sie nutzen hemmungslos und ohne Instinkt ihre privilegierte und hochdotierte Stellung als Volksvertreter für die Einfädelung privater Geschäfte unter Einbeziehung des Bundesgesundheitsministeriums und anderer Institutionen. Zwei MdB kassierten auf diese Weise 660.000 und 250.000 Euro Provision. Ein weiterer MdB der CDU/CSU ist wegen Bestechlichkeit angeklagt. Drei Fälle in einer Woche…

Als Wahl-Bürger wende ich mich mit Grausen ab. Mich widert dieses Nichts-Tun, das Fehlverhalten und die Unfähigkeit der Verantwortlichen an. Diese Leute spielen nicht nur mit unserem Geld (und grinsen dabei schlumpfig), sie spielen mit unserer Freiheit und mit unserem Leben. Das, was sich in der Bundesregierung und im Bundestag abspielt, geht in seiner Dimension weit über die Fehlplanung von Fahrradwegen oder den Streit über eine manische Identitäts-Politik hinaus. Es erschüttert die Grundfesten des Vertrauens der Bürger in den Staat und unser politisches System. Und es lässt mich schaudern, wenn ich an die kommenden Reform-Bedarfe hinsichtlich Digitalisierung und Demografie denke.

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.