Der Brexit-Deal der Schande

Das Abkommen, das den endgültigen Bruch Großbritanniens mit der EU dokumentiert, hätte es nie geben dürfen.

Es war schon ein Geburtsfehler der EWG, dass sie das Vereinigte Königreich nicht zu den Gründern zählte. 1964 wiederholte sich das Drama, als der Präsident der Französischen Republik, Charles de Gaulle, den Beitritt des UK in die EWG verhinderte. Und dann also 2016 das Referendum, das den Politikern Genugtuung verschaffte, die eigene Versäumnisse und Fehler auf die Monster-Bürokratie in Brüssel projizierten und mit falschen Versprechungen den Brexit erzwangen. Es folgten Jahre des quälenden Verhandelns, bis jetzt also ausgerechnet zu Heiligabend der endgültige Bruch des Vereinigten Königreiches mit der EU notifiziert wurde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem historischen Ereignis.

Da liegt sie richtig. Denn während ihre Vorgänger allesamt zu einem Wachstum der EU beigetragen haben, hat sie es nicht verhindert, dass die Europäische Union schrumpft und das Gleichgewicht innerhalb der EU vom Westen in den Süden verschoben wird.

Und sie hat auch nicht verhindert, dass jetzt ein gefeierter Brexit-Deal vereinbart wurde, der die Befugnisse des EU-Parlaments ignoriert. Der Deal wird in Kraft gesetzt, das Parlament darf das Vertragswerk dann prüfen und – ja was? Ablehnen, ändern?

So, wie sich die Bundesregierung unter Führung von Angela Merkel über die Befugnisse des Bundestages hinwegsetzt – wenn man den Oppositionsparteien folgen mag – so setzt sie sich über die Zuständigkeiten des EU-Parlamentes hinweg. Ein Schlag in das Gesicht für alle, die an die Kraft des Parlamentarismus auch auf der Ebene der EU glauben wollen. Und ein wahres Freudenfest für die nationalen Politiker in Warschau und Budapest, die innerhalb der Wertegemeinschaft der EU autokratisch und ohne Einmischung der Gewaltenteilung herrschen wollen.

Übrigens: eine der ersten Amtshandlugen des englischen Premiers Boris Johnson war es heute Nacht, das Ende des Erasmus-Programms zu verkünden. Damit entfällt die Förderung des studentischen Austausches zwischen UK und den Ländern der EU.

Wenigstens können die in Kent gestrandeten LKW-Fahrer nun heimkehren. Zu ihren Familien auf dem Kontinent. Das ist eine schöne Entwicklung.

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“