Corona und die Rettungsschirme

Bundesfinanzminister Olaf Scholz, die EU-Kommission in Brüssel und alle Landesregierungen bauen Schutzschirme für die von der Coronavirus-Pandemie gebeutelten Wirtschaft. Welche Löcher haben diese Schutzschirme und wer soll das überhaupt alles bezahlen? Fragen von Topagemodel Renate Zott.

Corona-Hilfen, Rettungsschirme, Schutzschilder, Ausgleichs- und Sofort-Hilfen, Millionen-Kredite für Unternehmen. Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung ist voll und von überall regnet es Geld um zu helfen, Pleiten und noch mehr Arbeitslose abzuwenden. Man spricht meist nur noch in Größenordnungen von hunderten Millionen Euro und wenn ich mir die Zahl richtig gemerkt habe, dann ist das gesamte Maßnahmenpaket 1,2 Billionen Euro schwer. Man könnte auch sagen, es sind 1.200 Milliarden oder 1.200000000000 Euro. Merke: 1 Billion hat 12 Nullen. Puh, das finde ich viel und kann mich nur schwerlich an den Gedanken gewöhnen, dass das irgendwer zurückzahlen will oder kann. Jetzt drucken wir die Scheinchen aber erst mal und schauen später was wird. Vielleicht machen wir irgendwann einfach Euro-Coins daraus und verbrennen den Euro. So jedenfalls machte es mein Urgroßvater 1923 mit der Mark. Er hatte eine Wagnerei. In der Phase der Hyperinflation brachte ihm die Kundschaft säckeweise das Geld, das sie ihm vorher schuldig geblieben waren und er wusste nicht mehr wohin damit. So landete es im Ofen, weil es nichts mehr wert war. Wo Deutschland und der Rest der Welt wirtschaftlich landet? Ich schätze, da tun sich auch die Weisen schwer…

Einmal abgesehen von der real benötigten Unterstützung, die tatsächlich notwendig ist, um eine Wirtschaftskrise dieser Größenordnung zu überstehen, gibt es bei mir ein Gefühl in der Magengrube, dass nicht jedes Unternehmen, jeder Solo-Selbständige oder Corona-Hilfen-Empfangsberechtiger so gewissenhaft damit umgeht, wie es möglicherweise im Interesse aller und in der Vorschau auf den immensen Schuldenberg wünschenswert wäre. Denn am Ende ist es unser aller Schuldenberg, den wir – Generation 50Plus – nicht mehr werden schultern können, sondern zumindest einen Teil davon vererben werden. Genau: an unsere Kinder, denen wir schon vor Corona in punkto Hinterlassenschaft keine Vorbilder waren.

Und so schwanke ich also gerade. Zwischen denen, bei denen es wirklich um die Wurst geht und denen, die das Stück vom großen Corona-Sofort-Hilfe-Kuchen gerne mitnehmen. Das einfache Antragsverfahren lädt womöglich auch jene Solo- und Kleinstunternehmer ein, denen keine massiven Zahlungsschwierigkeiten entstehen. Denn: wo ich auch hinhöre, wurde die Hilfe beantragt. Auch von solchen, die den Betrieb im Haus haben, deren Betriebsausstattung längst bezahlt ist und die auch ansonsten ein schönes Pölsterchen vorhalten. Die Argumente sind einfach, denn schließlich blieb die Kundschaft coronabedingt 10 oder 12 Wochen aus und damit der Umsatz. Aber: ohne Not keine Mittel, so jedenfalls habe ich die Ausfüllhilfe verstanden. Und mehr noch, man lüftet Steuer- und Bankgeheimnis, versichert reichlich, dass man den betriebsbedingten Verbindlichkeiten in den nächsten 3 Monaten ohne Finanzspritze nicht nachkommen kann. Vielleicht liege ich mit meinen Annahmen auch völlig falsch, denn bei all‘ dem Wind, der mir für meine Auslegung entgegenschlägt, liegt die Frage nah, ob ich einfach nur zu dumm bin, also für das Stück vom Kuchen. Und welcher Hahn kräht später nochmal danach, ob man bei der großen Kuchenverteilung möglicherweise doch zu gierig war? Schließlich müsste man sich das fragen lassen.

Da, wo es wirklich um die Wurst geht und das Stück vom Kuchen nicht groß genug ist, um die Finanzlöcher zu stopfen, kündigen sie sich an, die Pleiten. Es ist traurig. Traurig um jeden einzelnen, der durch Corona ins finanzielle Desaster rutscht, nicht weiß, was morgen sein wird, wie die täglichen Lebenshaltungskosten bedient werden sollen. Insbesondere gastronomische Betriebe und die Reisebüros scheinen schwer betroffen, auch so mancher Einzelhändler, Künstler, Kultur, Vereine und viele andere mehr. Nicht bei allen, die dringend auf die Hilfe warten, ist sie schon angekommen. Es ist ein Wettlauf, gegen die Zeit, gegen die Beschränkungen, gegen den Umsatzausfall, gegen den unsichtbaren Feind. Manche rufen zu Spenden auf und versuchen so, sich über die schwere Zeit zu retten. Andere suchen sich Nebenjobs. Trotz allen Hilfen und den vielen persönlichen Engagements werden wir Firmen- und Privatinsolvenzen zu beklagen haben. Da ist Effizienz gefragt und ein hohes

Maß an Fingerspitzengefühl für die Verteilung staatlicher Gelder. Gerecht wird es gefühlt nicht für jeden ausgehen. Und wie es steht, um das eigene Gewissen, Solidarität und ein verantwortungsvolles Handeln im Sinne des Gemeinwohls, muss jeder für sich selbst entscheiden. Sich selbst und dem Stück vom Kuchen gerne am nächsten zu sein, daran hat auch die Krise wohl nichts geändert und auch nicht an meinem Gefühl in der Magengrube.