Betriebsschließungsversicherung: Urteile mit Signalwirkung für die Versicherungsnehmer einerseits und fragwürdiges prozessuales Agieren der Versicherer andererseits
Viele Versicherer versuchen sich vor Zahlungen aus Betriebsschliessungsversicherungen zu drücken. Jetzt gibt es ein wegweisendes Urteil.
Das Landgericht Mannheim verurteilte die Mannheimer Versicherung zur Zahlung von 60.000,- € an einen Gastronomen, der im ersten Lockdown von März bis Mai 2020 seine Gaststätte in Bremen geschlossen hatte (Urt. v. 19.02.2020, Az. 11 O 131/20). Dieses Verfahren, welches von Rechtsanwältin Dr. Tamara Knöpfel geführten wurde, hat Signalwirkung für alle Klagen gegen die Mannheimer Versicherung wegen der Zahlungsverweigerung des Versicherers aus Schadensfällen in der Betriebsschließungsversicherung infolge der Corona-Schließungen aus dem letzten Jahr.
Das Landgericht Mannheim stellte für die Versicherungsbedingungen der Mannheimer Versicherung (VB-BSV’09) fest, dass eine dynamische Verweisung ins Infektionsschutzgesetz vorliegt und damit SARS-CoV-2 bzw. COVID-19 von den Versicherungsbedingungen der Mannheimer Versicherung umfasst ist. Die Einwände der Mannheimer Versicherung gegen ihre Leistungspflicht sah das Landgericht als nicht durchgreifend an. Signalwirkung hat dieses Urteil aus Mannheim deshalb, weil es am allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten ergangen ist. Nun kann für Klagen in Mannheim davon ausgegangen werden, dass die Mannheimer Versicherung auch zukünftig zur Zahlung verteilt werden wird. Im Falle eines Prozesses hat der Versicherungsnehmer nämlich die Wahl, ob er den Versicherer an dessen Geschäftssitz verklagt, oder ob er die Klage an dem zuständigen Gericht seines Wohnorts erhebt. Während einige Gerichte am Wohnort des Versicherungsnehmers Klagen von Gastronomen abgewiesen haben, sieht es bei den Gerichten des allgemeinen Gerichtsstandes der Versicherer anders aus. So hat das Landgericht Darmstadt, die Haftpflichtkasse Darmstadt im Zusammenhang mit den Corona-Schließungen der Gastronomen zur Zahlung verurteilt, auch das Landgericht München I, welches ebenfalls für die Allianz zuständig ist, gab dem Versicherungsnehmer Recht.
In den Verfahren selbst fällt, konkret bei der Haftpflichtkasse Darmstadt, doch ein sehr fragwürdiges Agieren auf. Die Haftpflichtkasse Darmstadt hatte bis Anfang März 2020 auf ihrer Internetseite selbst damit geworben, dass ihre Versicherungsbedingungen den Coronavirus mit umfassen. Hieran will sie sich nun nicht mehr festhalten lassen, sondern trägt in den Klageverfahren nunmehr vor, dass das Virus in dem Katalog der Krankheiten und Krankheitserreger nicht enthalten ist und daher vom Versicherungsschutz nicht umfasst ist. Wenn die Haftpflichtkasse jedoch selbst davon ausging, dass alle Krankheiten und Krankheitserreger, welche vom Infektionsschutzgesetz erfasst werden, auch im Sinne ihrer Bedingungen abgesichert sind, so ist dieser Vortrag in den Klageverfahren widersprüchlich und bewegt sich nach meiner Auffassung am Rande des prozessual Zulässigen.
Rechtsanwältin Dr. Tamara Knöpfel ist Fachanwältin für Versicherungsrecht und vertritt Hoteliers und Gastronomen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche aus der Betriebsschließungsversicherung im Zusammenhang mit den Corona-Schließungen.
Das Urteil des Landgerichtes Mannheim können Sie hier nachlesen: Urteil LG Mannheim.
Die Autorin Dr. Tamara Knöpfel
Dr. Tamara Knöpfel ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Versicherungsrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht in Berlin (www.anwaltskanzlei-tk.de). Sie ist seit 2005 als Rechtsanwältin tätig.
Frau Dr. Knöpfel vertritt Versicherungsnehmer bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche gegenüber Versicherern aus allen Bereichen des Versicherungsrechts. Darüber hinaus führt sie eine Vielzahl von Kapitalanlegermusterverfahren (KapMuG) wegen Schadenersatzansprüchen infolge von Prospekthaftung im Zusammenhang mit Schiffsfonds.