Betriebsschließungsversicherung – aktueller Stand der Rechtsprechung

Gastronomen und Hoteliers warten vielfach noch immer auf Zahlungen aus Betriebsschliessungsversicherungen. Juristen kämpfen für das Recht der Gastgeber.

Rechtsanwältin Dr. Tamara Knöpfel berichtet im D-Talk in DNEWS24TV über den jüngsten Stand der Rechtsprechung für Entschädigungen von Gastronomen und Hoteliers im Rahmen von Betriebsschließungsversicherungen.

Die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Betriebsschließungsversicherung ist uneinheitlich. Die Versicherer haben ihre Leistungspflicht im Zusammenhang mit dem ersten Corona-Lockdown gegenüber Hoteliers Gastronomen mit der Begründung verweigert, dass die Schließungen aufgrund von Allgemeinverfügungen ergangen sei und nicht aufgrund individueller behördlicher Anordnungen. Darüber hinaus sei zum damaligen Zeitpunkt COVID19 bzw. Sars-CoV 2 nicht im Infektionsschutzgesetz aufgenommen gewesen bzw., soweit die Versicherungsbedingungen einen Katalog der Krankheiten oder Krankheitserreger des Infektionsschutzgesetzes enthalten, auch in diesen Katalog nicht aufgeführt gewesen.

Ziemlich einheitlich, sogar unter den Gerichten, welche die Klage der Versicherungsnehmer abweisen, ist die Auffassung, dass eine Allgemeinverfügung als Schließungsanordnung ausreichend ist. Damit ist es das dann aber auch schon mit der Einheitlichkeit gewesen. Gerichte, die den Versicherern Recht geben, beziehen sich lediglich darauf, dass COVID-19 bzw. Sars COV-2 im Katalog der Krankheiten von Krebserreger nicht aufgeführt ist und lassen auch den Einwand nicht zu, dass im Infektionsschutzgesetz eine Öffnungsklausel enthalten ist, unter die das neuartige Coronavirus, unabhängig von der Bundesverordnung zur Einführung der Meldepflicht für das neuartige Coronavirus, fällt.

Sehr erfreulich ist, dass sich die Gerichte, welche den Klagen der Versicherungsnehmer stattgegeben, umfassend mit den Versicherungsbedingungen und der Frage der Transparenz des Leistungsausschlusses auseinandersetzen. Auffällig ist, dass die Versicherungsbedingungen der Versicherer nicht an den aktuellen Katalog der Krankheiten oder Krankheit angepasst wurden, sodass bereits aus diesem Grund eine Versicherungslücke, die für den Versicherungsnehmer nicht erkennbar ist, vorliegt.

Eine ziemlich abwegige Auffassung vertritt das Oberlandesgericht Stuttgart, welches meint, dass der Versicherungsnehmer als Laie durch den Vergleich des Katalogs der Krankheiten Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen mit dem Katalog der Krankheiten Krankheitserreger in der jeweils geltenden Fassung des Infektionsschutzgesetzes habe erkennen können, welche Krankheiten vom Versicherungsschutz nicht umfasst sein sollen. Dies ist deshalb absolut abwegig, weil der Katalog von Krankheiten und Krankheitserreger in seiner Ursprungsfassung 43 Krankheitserreger umfasst, die dann erweitert wurden. Diese
Erweiterungen lassen sich jedoch nur mit einer sogenannten Synopse erkennen, welche die Abweisung des Textes von der Ursprungsfassung durch Unterstreichungen kenntlich macht. Mit einer Synopse arbeiten Juristen um zu erkennen, wo Änderungen im Gesetzestext vorgenommen werden. Bei langen und schwierigen Texten, wie dies bei der Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern in deren lateinischen Namen der Fall ist, ist das Aufspüren der Abweichung schon für den Juristen ohne diese Synopse schwierig, für den Laien dürfte das nahezu unmöglich sein.

Insbesondere die jeweiligen Landgerichte am allgemeinen Gerichtsstand der Haftpflichtkasse Darmstadt, nämlich das Landgericht Darmstadt, sowie der Mannheimer Versicherung, das Landgericht Mannheim und der Allianz, das Landgericht München haben eine Leistungspflicht der jeweiligen Versicherer angenommen, sodass solche Klagen gegen die genannten Versicherer vor diesen Gerichten erfolgreich sind.

Bei schadensträchtigen Fällen wie diesen, die eine Vielzahl von Regulierungsverlangen für die Versicherer nach sich ziehen, ist es üblich, dass positive Entscheidungen im Vorfeld durch Vergleiche verhindert werden, wenn die jeweiligen Gerichte zu erkennen geben, dass sie der Klage stattgegeben werden. Dies ist auch vor dem Bundesgerichtshof immer wieder zu beobachten. Dort werden dann durch Anerkenntnis oder Vergleich in letzter Minute Entscheidungen, die richtungsweisend sein können, durch Banken und Versicherer verhindert.

Ob also eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in den Fällen der Betriebsschließungsversicherung ergehen wird, ist noch nicht absehbar. Es ist jedoch wünschenswert, da in der Zukunft mit weiteren Pandemiefällen gerechnet werden muss.

Die Autorin Dr. Tamara Knöpfel

Dr. Tamara Knöpfel ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Versicherungsrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht in Berlin (www.anwaltskanzlei-tk.de). Sie ist seit 2005 als Rechtsanwältin tätig.

Frau Dr. Knöpfel vertritt Versicherungsnehmer bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche gegenüber Versicherern aus allen Bereichen des Versicherungsrechts. Darüber hinaus führt sie eine Vielzahl von Kapitalanlegermusterverfahren (KapMuG) wegen Schadenersatzansprüchen infolge von Prospekthaftung im Zusammenhang mit Schiffsfonds.