Vorsorge und Nächstenliebe – keine Panik

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine könnten bald auch bei uns die Lichter ausgehen. Ein Kommentar von Sascha Rauschenberger.

Es sollte inzwischen jedem klar geworden sein, dass der Unwillen der Bundesregierung weiteren Sanktionen gegen Russland zuzustimmen dem Umstand geschuldet ist, völlig von russischem Gas abhängig zu sein. Sollte Russland Nordstream 1 schließen, bricht in Deutschland die Gasversorgung zusammen. Und mit dieser direkten Versorgung der Haushalte und der Wirtschaft mit Gas russischem Gas dann auch indirekt die gesamte Stromerzeugung in der Spitzenlast.

LNG (Flüssiggas) ist leider keine rasche alternative Versorgungs-Lösung, da die Bundesregierung bisher nicht mal einen Terminal für die Anlieferung von Flüssiggas gebaut hat. Anders übrigens als die EU, in der es bereits 21 solcher Terminals gibt. Zudem sind die Transportkapazitäten der Flüssiggas-Tanker mehr als angespannt.

Daher könnte bei einem russischen Lieferstopp, der strategisch durchaus sinnvoll wäre aus Putins Sicht (!!!), in unserem Land die Stromversorgung zusammenbrechen, da Gaskraftwerke die einzig zusteuerbare Größe zur innerdeutschen Stromproduktion wären.

Die Gas-Speicher sind zwar nicht leer, doch Füllstände von nur noch 18 % lassen schon die roten Lampen aufleuchten.

Neben dem „für die Freiheit (anderer) zu frieren“ kommt aber noch ein Element ins Spiel, das so viele nicht bedenken. Es wird Strom (oder auch Gas) zur Nahrungsmittelzubereitung nötig sein. Die meisten frischen Lebensmittel sind ohne Erwärmung für uns nur schwer verdaulich (geworden). Gemüse, Nudeln und Reis müssen gekocht werden. Fleisch und Fisch gebraten.

Wer dieser Tage in die Lebensmittelmärkte geht stellt fest, dass Speiseöl (40% kommen aus der Ukraine), Tomatenmark, Salz, Zucker, Mehl und auch wieder Klopapier Mangelwaren sind. Produkte, die trotz der immensen Preissteigerung der letzten Wochen schneller aus den Regalen verschwinden, als sie angeliefert werden können. Es ist auffallend, dass auch Lebensmittel knapper werden, die bisher nicht so sehr im Fokus standen: konservierte Lebensmittel – Konserven! Konserven sind deshalb haltbar, weil in sie abgefüllte Lebensmittel vorerhitzt werden und so haltbar werden. Sollte die zur Zubereitung von Lebensmitteln nötige Energiequelle wegfallen, können diese Nahrungsmittel auch kalt verzehrt werden. Und das ohne Verdauungsprobleme hervorzurufen.

Dass eben diese Konserven zum Teil um bis zu 150% (Erbsensuppe) teurer geworden sind, ist gerade für Rentner und Geringverdiener schlimm. Nein, es ist eigentlich fatal! Viele können sich so nicht genügend Vorräte aufbauen, da Mietsteigerungen, Energiekosten-Explosionen und andere preisgetriebene „Annehmlichkeiten“ die Kasse leergefegt haben. Dauerhaft. Die nun sichtbar ausufernde Inflation, die aber noch schlimmer werden kann, da sie durch die steigenden Energiekosten (Warenherstellung, Transport,…) querschnittlich weiter angeheizt werden, wird daher auch die Grundnahrungsmittel weiter verteuern. Nur zum Verständnis: die Inflation betrifft in allererster Linie NICHT den Porsche, den Urlaub oder die Gucci-Tasche, die plötzlich 70% mehr kosten, sondern vor allem all das, was jeder täglich zum Leben braucht. Wenn am Ende dann von 5% Inflation die Rede ist, dann betrifft diese Aussage durchschnittlich den gesamten Warenkorb, der zur Berechnung der Inflation herangezogen wurde. Und diese Berechnungsgrundlage wurde in den letzten 30 Jahren mehrfach geändert, angepasst und sogar schöngerechnet. Wenn die Medien nun Vergleiche zur Inflation von vor 30 Jahren ziehen, ist das schlicht irreführend. Die Zahlen sind noch nicht einmal mehr im Ansatz vergleichbar. Mit der Methodik von vor 30 Jahren dürfte die Inflation jetzt schon zweistellig sein!

Ergo müssen wir uns um die Senioren und Geringverdiener kümmern. Ältere Nachbarn vielleicht auch mal unterstützen. Aus der Nächstenliebe. Eine Dose mehr im Schrank, könnte den Unterschied zwischen Glück und Hungern sein. Letzteres kommt übrigens häufiger in unserem Land vor, als man denkt. Man muss nur die TAFELN besuchen. Die haben in der Corona-Krise oft die Arbeit eingestellt oder stark reduziert! Das verschärft die Not.

Es bleibt also unsere Bitte, nun verstärkt auf die Nächsten zu achten und ggf. zu helfen! Denn hungernde Nachbarn kommen nicht und betteln um Hilfe. Sie hungern einfach…

Sascha Rauschenberger, geboren 1966 in Wattenscheid, ging nach dem Abitur zur Bundeswehr, wo er als Panzeraufklärer und Nachrichtenoffizier Dienst tat. Er diente, unter anderem als Reservist, in vier Auslandseinsätzen, zuletzt als Militärberater in Afghanistan.

Seit 2000 ist er als Unternehmensberater im Bereich Projektmanagement und Arbeitsorganisation (Future Work) tätig.

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