Buch-Tipp: Tiefurt – das ungeliebte Weimar

Schon der Dichterfürst Johann Wolfgang von Gothe wollte Eckermann dazu bewegen, eine Hommage an den Ort Tiefurt zu schreiben. Lange hat es gedauert, jetzt liegt eine Wertung des kleinen Kultur-Zentrums Tiefurt endlich vor.

Der kleine Ort Tiefurt, nur drei Kilometer östlich von Weimar gelegen, bildete um 1780 ein frühes Neben-Zentrum des von Weimar ausgehenden kulturellen Aufbruchs. Hier lebte seit den 1780er Jahren die verwitwete Herzoginmutter Anna Amalia und initiierte mit einem kleinen Kreis von Freunden und Vertrauten verschiedene kulturelle Aktivitäten. So entstand hier einer der ersten englischen Parks auf deutschem Boden, Goethes Singspiel »Die Fischerin« wurde im Park in einer neuen Form des Freilichttheaters uraufgeführt, und das handschriftlich zirkulierende »Journal von Tiefurt« mit seinen darin veröffentlichten Gedichten, Essays, Übersetzungen und Rätseln entwickelte sich zu einem reizvollen Spiegelbild der höfischen Kultur im klassischen Weimar.

Noch in seinen letzten Lebensjahren wies Goethe Eckermann eindringlich auf die Ergiebigkeit des Stoffes hin und versuchte, ihn dazu zu bewegen eine Betrachtung über Tiefurt zu verfassen: »Scheuen Sie die Mühe nicht, studieren Sie alles wohl und stellen Sie es dar; der Gegenstand verdient es. Ich selbst hätte es längst gemacht, allein ich kann es nicht, ich habe jene bedeutenden Zustände selbst mit durchlebt, ich bin zu sehr darin befangen, so dass die Einzelheiten sich mir in zu großer Fülle aufdrängen.« – Eckermann hat sich dieser Mühe nicht unterzogen.

Jetzt allerdings ist Gerhard R. Kaiser in sieben, vielfach miteinander verwobenen Studien Goethes Aufforderung nachgekommen. Und in einer Abschlussbetrachtung spannt er in einer bemerkenswerten Eloge auf die Literatur und ihre besondere Bedeutung den Bogen vom beschaulichen Tiefurt – das immer im Schatten der schönen Stadt Weimar stand und blieb – vom 18. Jahrhundert bis in unsere gegenwärtige, mit vielfachen Problemen belastete Welt.

Bibliografie

  • Autor: Gerhard R. Kaiser
  • Verlag: Wallstein
  • Seiten: 304
  • ISBN: 978-3-8353-3659-9 (2020)
  • Preis: 25,00 Euro