Strafgefangene bleiben ohne Rente – Rehabilitierung sieht anders aus

Obwohl Strafgefangene während ihrer Haftzeit arbeiten müssen, erhalten sie später für die in der Haft geleistete Tätigkeit keine gesetzlichen Rentenansprüche. Die Bundesregierung will diese Ungerechtigkeit nicht ändern. Das berichtet das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA).

Strafgefangene sind in einer Haft-Anstalt dazu verpflichtet, eine Arbeit auszuführen. Während der Haft werden allerdings keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt. Somit stehen ehemalige Häftlinge im Alter mit sehr viel weniger oder gar keiner Rente da. Altersarmut droht.

Die Haft führt in Deutschland also trotz Arbeit dazu, dass Teile der Lebensarbeitszeit für die Altersvorsorge entfallen. Die Tätigkeit wird nicht auf die spätere Rente angerechnet. Böse Zungen könnten nun meinen: selbst schuld. Diese Menschen haben durch kriminelles Handeln ihr Schicksal selbst bestimmt. Wer sich einmal ins Gefängnis gebracht hat, kann nicht mehr auf staatliche Leistungen pochen. Doch das entspricht wohl kaum dem Resozialisierungsgedanken. Wer seine Schuld gesühnt hat, sollte wieder in die Gesellschaft integriert werden. Mit den derzeitigen Regelungen aber bleiben Strafgefangene auch nach der Haft oft eine soziale Rand- oder Problemgruppe.

Bereits vor mehr als 40 Jahren plante die Regierung die Einbeziehung von Strafgefangenen in die Sozialversicherung. Die damaligen Reformkonzepte sind jedoch bis heute nicht umgesetzt. Nun aber kommt wieder Schwung in die Debatte. So befasste sich die letzte Konferenz der Justizminister der Länder mit dem Thema und beurteilte die Aufnahme von Häftlingen in die gesetzliche Rentenversicherung als sehr sinnvoll. Auch die Arbeits- und Sozialministerkonferenz kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Tatsächliche Maßnahmen der Bundesregierung zur Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten blieben aber bislang aus. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen bezog die Bundesregierung nun Stellung zur Problematik.

Bundes-Regierung sieht Länder in der Pflicht

Demnach sehen die Unionsparteien und die SPD die Länder in der alleinigen finanziellen Verantwortung. Der Strafvollzug ist in Deutschland Ländersache. Daher müssten diese nach Aussage der Bundesregierung auch die Rentenversicherungsbeiträge der Gefangenen leisten. Bislang aber zeigen die Länder keinerlei Bereitschaft, die anfallenden Kosten zu übernehmen. Daher plant die Regierung keine weiteren Schritte in der Sache. Wenn die Länder aber einer Kostenübernahme zustimmen, zöge die Bundesregierung auch die Einbeziehung weiterer Gruppen wie Jugendstrafgefangene in Betracht. Ausgeübte Tätigkeiten außerhalb des Gefängnisses müssten dann eine versicherungspflichtige Beschäftigung darstellen.

Woher soll das Geld kommen?

Bislang aber bleibt Arbeit innerhalb eines Gefängnisses weiterhin ohne Anrechnung auf die Rente. Viele Senioren mit verbüßter Haftstrafe erfahren deshalb im Ruhestand Altersarmut. Sie beziehen Grundsicherung im Alter und fallen so der Staatskasse zur Last. Die Grünen argumentieren, dass diese Kosten entfallen, wenn die Arbeit von Gefangenen als Anrechnungszeit gilt. Die Justizminister der Länder fordern daher, diese Einsparungen für die Einbeziehung der Gefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung zu verwenden. So würden sich die Mehrausgaben der Länder aus Finanzmitteln des Bundes refinanzieren.

Die Bundesregierung lehnt das aber ab. Seit 2014 erstattet der Bund den Ländern die Nettoausgaben für die Grundsicherung im Alter. Er sehe daher keinerlei Veranlassung, für die Altersvorsorge der arbeitenden Strafgefangenen aufzukommen. Auch die Anrechnung auf die Versicherungszeit verweigert die Regierung.

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