Millionen Bürger leiden unter Corona-Armut

Die Coronavirus-Pandemie verschärft die Armutslage in Deutschland. Mit fatalen Folgen für die Bürger.

Niemand soll unnötig unter den wirtschaftlichen Folgen der Lockdown-Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie leiden müssen. Das verkündeten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Scholz vor 12 Monaten, zu Beginn des ersten Lockdowns. Die Wirklichkeit in Deutschland sieht anders aus. Das so von Scholz und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gepriesene „Wumms-Paket“ hat nicht gezündet. Zwar erhielt die Lufthansa binnen weniger Tage 9 Milliarden Staatshilfe – viele kleine und mittlere Unternehmen haben bis heute gar nichts oder nur Abschlagszahlungen auf die eigentlich Anfang Dezember 2020 fälligen Überbrückungs-Hilfen erhalten.

Nicht besser sind Arbeitnehmer dran, die von Kurzarbeit oder gar Entlassung betroffen sind. Der Kündigungsschutz für Mieter ist schon Mitte des letzten Jahres ausgelaufen. Und auch kommunale Versorgungs-Unternehmen scheuen sich nicht, die Not der Bürger zu verschärfen. Besonders drastisch ist das Beispiel von Lisa K. Die alleinerziehende Krankenschwester konnte aufgrund von Kurzarbeit einige Monate nicht ihre Gasrechnung bezahlen, die Gas-Zufuhr wurde vom kommunalen Gasversorger gekappt. Lisa K. löste einen Lebensversicherungsvertrag auf, um die Rückstände bezahlen zu können. Das Geld ging laut Auskunft ihrer Bank am Donnerstag bei der Bank des Versorgers ein. Am Freitagvormittag rief Lisa K. bei dem Versorger an und bat um Freischaltung ihrer Gasleitung, um die Kälte in ihrer kleinen Wohnung – im Wohnzimmer maß das Thermometer 13,8 Grad Celsius – vertreiben zu können. Hilfe wurde Lisa K. zugesagt, kam aber nicht. Als sie um 15.00 Uhr noch einmal anrief, erhielt sie von einem Mitarbeiter des Gasversorgers die Auskunft: „Ab 12.00 Uhr geht hier am Freitag nix mehr. Rufen Sie Montag wieder an.“ Nun wird Lisa K. also mit ihrer kleinen Tochter – trotz bezahlter Rechnung – ein Wochenende in der Kälte verbringen.

So wie Lisa K. geht es erschreckend vielen Bürgern in unserem reichen Land. Eine ausreichend aufgeheizte Wohnung ist nicht für alle Menschen selbstverständlich: Im Jahr 2019 – also vor der Coronavirus-Pandemie – lebten rund 2,0 Millionen Personen in Deutschland in Haushalten, die ihre Wohnung oder ihr Haus aus finanziellen Gründen nicht angemessen warmhalten konnten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand von Ergebnissen der Erhebung „Leben in Europa (EU-SILC)“ ermittelte, waren das 2,5 % der Bevölkerung in Deutschland.

2019 mussten 289.000 Haushalte zumindest zeitweise ohne Strom leben, da ihnen aufgrund von nicht bezahlten Rechnungen von den Energieversorgungsunternehmen der Strom abgesperrt wurde. Hunderttausende hatten kein Licht, kein warmes Wasser, konnten keinen Kühlschrank oder Herd benutzen, keine Wäsche waschen und hatten keinen Zugang zu Internet, Radio oder Fernsehen. 4,75 Millionen Haushalten wurde 2019 angedroht, den Strom abzusperren. Dies geht aus dem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur zum Energiemarkt hervor.