IfW: Bund sollte Schulden der Kommunen nicht übernehmen
Der Bund sollte nicht die Altschulden von Kommunen übernehmen, wie dies gegenwärtig als Plan von Bundesfinanzminister Olaf Scholz diskutiert wird. Denn der Grund für die Überschuldung einzelner Kommunen liegt vor allem in der ziellosen Finanzpolitik ihrer Länder, nicht in der belastenden Rolle der Sozialausgaben. Eine Schuldenübernahme durch den Bund konterkariert die erfolgreiche kommunale Entschuldung anderer Länder. Dies zeigt eine Analyse des IfW Kiel.
Insbesondere Nordrhein-Westfalen, Rheinland Pfalz und das Saarland wären die Profiteure einer kommunalen Schuldenübernahme durch den Bund. In diesen Ländern liegen die Kredite der Kommunen pro Kopf bei 1.950 Euro (SL), 1.302 Euro (RP) und 1.262 Euro (NW). Alleine NW ist für 22,6 Milliarden Euro Schulden der insgesamt 35 Milliarden Euro Schulden aller deutschen Kommunen verantwortlich.
Eine schwache Sozialstruktur und in der Folge hohe Sozialausgaben der Kommunen alleine können den hohen Schuldenstand aber nicht erklären. In den Ländern Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein liegen zum Beispiel die Ausgaben für die Sozialhilfe in vergleichbarer Höhe, die kommunalen Schulden pro Kopf sind aber verhältnismäßig gering mit 211 Euro (NI), 129 Euro (SH) und 62 Euro (HE). Dies zeigt eine Analyse des IfW-Haushaltsexperten Jens Boysen-Hogrefe (Warum Schleswig-Holstein die Pläne von Olaf Scholz zur Übernahme von Altschulden durch den Bund in der ursprünglichen Form ablehnen sollte).
„Länder wie Schleswig-Holstein sollten die Pläne von Olaf Scholz zur Übernahme von Altschulden durch den Bund in der ursprünglichen Form ablehnen. Sie haben mit den Instrumenten des kommunalen Finanzausgleichs und der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen die Herausforderungen schwacher Sozialstrukturen ganz offensichtlich besser zugunsten ihrer angeschlagenen Kommunen zu regeln gewusst als andere“, sagt Boysen-Hogrefe. „Werden Olaf Scholz‘ Pläne zur kommunalen Schuldenübernahme Realität, würde eine solche verantwortungsbewusste Politik nicht belohnt, sondern sogar erschwert, da zusätzliche Ausgaben des Bundes letztlich von allen getragen werden müssen.“ An dem Bild ändert sich auch dann wenig, wenn man die Konsolidierungshilfen von 80 Millionen Euro berücksichtigt, die Schleswig-Holstein zwischen 2011 und 2019 vom Bund erhalten hat.
Auch die unterschiedliche Finanzstärke der Länder bietet keine Erklärung für die hohen kommunalen Kredite. Die durchschnittlichen Gemeindesteuereinnahmen pro Kopf lagen in den Jahren 2014 bis 2018 in Niedersachsen (1.061 Euro) knapp über denen von Rheinland-Pfalz (1.039 Euro) und deutlich unter denen von Nordrhein-Westfalen (1.254 Euro). Schleswig-Holsteins Einnahmen (1.025 Euro) lagen sogar noch knapp unter denen von Rheinland-Pfalz.
„Es ist grundsätzlich richtig, überschuldeten Kommunen zu helfen, doch sollte die Verantwortung der Länder durch einen höheren Finanzierungsanteil stärker betont werden. So wie Hessen seine Kommunen entschuldet hat, können auch Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen vorgehen“, so Boysen-Hogrefe. „Gegenwärtig werden Sozialausgaben auf Bundesebene beschlossen, müssen aber von den Kommunen finanziert werden. Dieses strukturelle Problem sollte beseitigt werden, der Bund sollte alle von ihm beschlossenen Ausgaben auch vollständig selbst tragen.“