Digitale Verwaltung: Corona sorgt nicht für stärkere Nutzung aber für mehr Offenheit
Die Nutzung von E-Government in der DACH-Region nimmt weiter zu. In Deutschland nutzen im Jahr 2020 mit 54 Prozent erstmals mehr als die Hälfte der OnlinerInnen digitale Verwaltungsangebote, in Österreich sind es 72 und in der Schweiz 60 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt der eGovernment MONITOR 2020, eine repräsentative Studie der Initiative D21 und der Technischen Universität München, durchgeführt von Kantar.
Eine der größten Barrieren für die Nutzung aus der Vergangenheit ist nahezu überwunden: Das Bewusstsein für digitale Verwaltungsangebote steigt kontinuierlich, fast alle OnlinerInnen kennen mindestens einen Dienst (DE: 97% / AT: 99% / CH: 96%). Am bekanntesten sind die Suche nach In-formationen, das Herunterladen von Formularen zur Vorbereitung/Abwicklung von Behördengän-gen, die Vereinbarung von Terminen sowie die Abwicklung der elektronischen Steuererklärung.
Das Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet Bund, Länder und Kommunen in Deutschland, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten. „Die digitale Verwaltung in Deutschland ist in Bewegung und wir sind auf einem guten Weg. Bald wird das auch stärker im Alltag der Bürgerinnen und Bürger ankommen“, so Dr. Markus Richter, Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik und Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. „Ich sehe die Studienergebnisse als Auftrag, noch stärker im Sinne der Menschen zu denken. Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger bei der digitalen Transformation mitnehmen. Nur wer den digitalen Anwendungen vertraut und sie versteht, wird sie später auch nutzen. Ein Schritt dazu war das kürzlich vorgestellte Dashboard zur digitalen Verwaltung, diesen Weg wollen wir weiter gehen.“
Corona: Auswirkungen auf E-Government-Nutzung gering, aber Offenheit wächst
Die zeitweise eingeschränkte Verfügbarkeit mancher behördlichen Dienstleistungen durch Corona hatte nur einen geringen Einfluss auf die Nutzung von E-Government-Angeboten: In Deutschland geben sieben Prozent an, dadurch mehr Behördengänge als früher online durchgeführt zu haben, in Österreich sind es 13 und in der Schweiz zwölf Prozent. Eine erstmalige Nutzung digitaler Verwal-tungsangebote aufgrund von Corona geben in Deutschland vier, in Österreich und in der Schweiz jeweils drei Prozent an. Die meistgewählte Strategie der BürgerInnen war die vorübergehende Vermeidung von Behördengängen.
Hingegen wächst die Offenheit gegenüber E-Government-Angeboten vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie: Im Kontext Corona gefragt, können sich in Deutschland 75 Prozent vorstellen, zukünftig häufiger Behördengänge online durchzuführen, in Österreich sind es 81 und in der Schweiz 70 Prozent. Die digitale Abwicklung im Vergleich zum persönlichen Gang aufs Amt empfin-det eine große Mehrheit als Erleichterung (DE: 70% / AT: 77% / CH: 68%).
Zufriedenheit hängt an bequemer und zuverlässiger Nutzung
Die Zufriedenheit mit digitalen Behördendiensten ist in Österreich und der Schweiz mit 79, bzw. 71 Prozent insgesamt hoch, Deutschland liegt mit 62 Prozent etwas dahinter. Die wichtigsten Aspekte für die Zufriedenheit sind in allen drei Ländern Bequemlichkeit (sich einen Termin vor Ort auf dem Amt zu ersparen), Zuverlässigkeit der Systeme (stabile Verbindung, kein Abbruch des Prozesses) und die gute Bedienbarkeit der Dienste.
Im Langzeittrend seit 2012 ist die Zufriedenheit mit leichten Schwankungen in allen drei Ländern insgesamt stabil, größeren Zuwachs gibt es nur in Deutschland (57 auf 62 Prozent), allerdings auf niedrigerem Niveau. Die Zufriedenheit bezieht sich jeweils auf die persönlichen Erwartungen der BürgerInnen – für eine gleichbleibende Zufriedenheit müssen also die angebotenen Dienste mit den sich ändernden Erwartungen Schritt halten.
Unterschiedliche Nutzertypen erfordern individuelle Ansprache
NutzerInnen von E-Government unterscheiden sich stark voneinander – eine reine Betrachtung des Durchschnitts reicht für eine bedarfsgerechte Gestaltung von E-Government in Deutschland nicht aus. Der eGovernment MONITOR 2020 nimmt daher erstmalig eine Typisierung vor, um den Handlungsbedarf für eine künftig stärkere Nutzung von E-Government in Deutschland zu ermitteln. Die Untersuchung zeigt: Den „typischen“ bzw. die „typische“ E-Government-NutzerIn gibt es nicht. Die BürgerInnen, die ihre Behördengange zumindest teilweise online erledigen, lassen sich jedoch in fünf Nutzertypen unterteilen. Diese sind in Bezug auf Einstellungen und Bedürfnisse sowie spezifische Nutzungsgewohnheiten unterscheidbar. „Positiv überrascht hat uns vor allem das große Potenzial der ‚zukünftigen Viel-NutzerInnen‘, die mit 32 Prozent die größte Gruppe darstellen. Sie sind digitalaffin und bereits offen gegenüber digitaler Verwaltung. Hier kann man mit wenig Auf-wand viele BürgerInnen aktivieren, man muss sie nur informieren, welche Angebote sie wo finden können“, so D21-Präsident Hannes Schwaderer.
Smartphone-Schnittstelle kann Durchbruch für Online-Ausweisfunktion werden
Der Personalausweis im Scheckkartenformat ist seit zehn Jahren verfügbar, 76 Prozent der für den eGovernment MONITOR befragten Deutschen besitzen ihn. 24 Prozent der Befragten haben die Online-Ausweisfunktion aktiviert, die eine durchgängige Abwicklung von Behördengängen im In-ternet erlaubt. Trotz verbesserter Anwenderfreundlichkeit stagnieren die Nutzungszahlen, nur sechs Prozent haben laut Umfrage die Online-Ausweisfunktion bereits genutzt. Bis 2017 war die Nutzung nur über ein spezielles Lesegerät möglich, seit 2017 ermöglicht auch die NFC-Schnittstelle modernerer Smartphones das Auslesen. Zunächst war dies nur über Android möglich, seit Ende 2019 erlaubt auch iOS die Schnittstelle. Im Jahr 2021 soll nach den Plänen des BMI der Online-Ausweis auch ohne die Ausweiskarte im Smartphone nutzbar sein. „Im Smartphone schlummert riesiges Potenzial für den Durchbruch der Online-Ausweisfunktion. Aber noch weiß über die Hälfte der Smartphone-BesitzerInnen nichts über diese Möglichkeit. Hier braucht es Aufklärung und mehr nutzerfreundliche Anwendungen“, so Prof Dr. Helmut Krcmar von der Technischen Universität München. In Österreich verfügen 45 Prozent über die dortige Handy-Signatur. In der Schweiz sind verschiede-ne Verfahren für die Identifikation im Einsatz, am häufigsten wird das TAN-Verfahren genutzt, ge-folgt von der „SwissID“, 57 Prozent haben bereits mindestens eines der Verfahren genutzt.