Arbeit und Demografie in DNEWS24

Die Mehrheit der Erwerbstätigen in Deutschland will früh in Rente

Trotz unklarer Zukunft und absehbaren Abschlägen: Eine große Mehrheit der Erwerbstätigen in Deutschland wünscht sich, spätestens mit 63 Jahren in Rente gehen zu können. Zwar nimmt die Bereitschaft, länger zu arbeiten, im Vergleich zu den Vorjahren etwas zu. Zugleich wäre jedoch ein gutes Drittel derjenigen, die über das 65. Lebensjahr hinaus erwerbstätig sind, eigentlich gerne schon früher in Rente gegangen. Entgegen weit verbreiteter Annahmen ist das Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Altersgruppen in der Arbeitswelt grundsätzlich positiv. Dies sind die Ergebnisse einer Studie des gemeinnützigen Demographie Netzwerks ddn, für die deutschlandweit 2.500 Erwerbstätige befragt wurden.

Das Wunschalter für die Rente

Wenn sie es sich frei aussuchen könnte, würde eine deutliche Mehrheit von 63,4% der Erwerbstätigen nicht länger als bis 63 arbeiten, ein gutes Drittel (36,6%) würde sogar schon mit 61 oder früher aufhören. Besonders ausgeprägt ist der Wunsch nach einem frühestmöglichen Renteneintritt unter Ledigen und Personen ohne beruflichen Abschluss. In der Altersgruppe der 40 bis 49-Jährigen wollen rund 70% nicht länger als bis 63 arbeiten, ebenso gilt dies für Menschen mit mittlerem oder einfachem Bildungsabschluss und einer dualen Berufsausbildung. Aber auch bei jüngeren Erwerbstätigen scheint die Vorstellung vom langen Arbeitsleben nicht populär: Nur knapp 15% der Erwerbstätigen unter 30 Jahren können sich vorstellen, bis zum Renteneintrittsalter von 67 Jahren zu arbeiten.

Bereitschaft, länger zu arbeiten

Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Bereitschaft, länger zu arbeiten, zwar etwas angestiegen, dennoch können sich gerade einmal 15,8% der Erwerbstätigen vorstellen, bis 67 Jahre oder länger zu arbeiten. Dass die Bereitschaft, länger zu arbeiten, mit dem Lebensalter offensichtlich steigt, haben bereits viele Studien aufgezeigt. Die Daten der aktuellen Studie bestätigen zwar diese grundsätzliche Perspektive, verzeichnen aber durchaus Schwankungen in den Altersgruppen. Von den Erwerbstätigen, die älter als 65 sind, kann sich fast jede/r Zweite (44,2%) vorstellen bis 67 oder länger zu arbeiten. Aber selbst bei diesen Erwerbstätigen ist für drei Viertel irgendwann Schluss. Nur 25% können sich vorstellen, mit über 70 noch zu arbeiten. Betrachtet man die Bereitschaft zur Weiterarbeit nach der beruflichen Stellung, so sind es insbesondere leitende Angestellte, die weitermachen wollen (17,6%).

Bedingungen fürs längere Arbeiten

Was könnte die Bereitschaft von Menschen verändern, länger zu arbeiten? Bei dieser Frage zeichnet sich ein deutliches Bild ab. Mit 41,1% nannten die Erwerbstätigen das „freie Wählen der Arbeitszeit“ als wichtigsten Ansatz, gefolgt von „mehr Gehalt“ (40,0%) sowie „weniger körperliche Belastung oder Stress“ (38,7%). Aber auch eine freie Wahl des Arbeitspensums (34,8%) kann eine Rolle spielen, und die Wertschätzung durch Vorgesetzte nannten immerhin 30,2% als nötige Veränderung, um weiterzuarbeiten.

Die Detailergebnisse machen auch unterschiedliche Lebenslagen und soziale Verhältnisse in der Arbeitswelt deutlich. Während Arbeiter hauptsächlich mit mehr Gehalt (51,1%) zur Weiterarbeit zu bewegen wären, steht für leitende Angestellte eher die freie Wahl der Arbeitszeiten (48,2%) an erster Stelle. Arbeitszeit (54,5%) und Arbeitsbelastung (50,8%) spiegeln in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen offensichtlich die Angespanntheit der Lebensphase wieder, ebenso bei Erwerbstätigen mit Kindern (47,8% Belastung und 46,7% Arbeitszeiten). Einen ganz anderen Fokus haben hingegen die Erwerbstätigen ohne Abschluss: Hier nannten 42,2% eine „positive Einstellung gegenüber Älteren“ als hauptsächliche Voraussetzung für längeres Arbeiten im Alter.

Bedeutung der Arbeit

Vor dem Hintergrund wiederkehrender Diskussionen über sogenannte Generationenunterschiede ist die Studie auch der Frage nachgegangen, welche Bedeutung Arbeit generell für die Erwerbstätigen hat. Zwar zeigen sich hier deutliche Unterschiede zwischen der jüngsten und der ältesten Altersgruppe: Bei den 18- bis 29-Jährigen sagen 62,8%, dass ihnen ihre Arbeit viel bedeute, in der Altersgruppe über 65 sind dies 86,8%. Allerdings ist dabei nicht die Stimme derjenigen Über-65-Jährigen erfasst, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen. Generell geben also Ältere öfter eine hohe Bedeutung der Arbeit an. Es bleibt jedoch fraglich, ob dieser Effekt vollständig einen möglichen Wertewandel zu einer geringeren Bedeutung der Arbeit über die Generationen hinweg ausgleicht. Ungeachtet dessen zeigt sich auch bei der Frage nach der Bedeutung der Arbeit, dass sozialer Status und Bildung einen deutlichen Einfluss auf die Bedeutung der Arbeit haben. Bei Erwerbstätigen ohne Berufsabschluss sieht nur jede/r Zweite viel Bedeutung in der eigenen Arbeit, bei leitenden Angestellten jedoch 80,4%. Und wer noch in Ausbildung ist, ist fast so begeistert von der Arbeit wie die Führungsetage oder die Generation Ü65: 85,5% der Azubis bedeutet ihre Arbeit viel. Jugendlichkeit steht der Begeisterung also nicht im Wege.

Verhältnis von Alt und Jung

Entgegen weit verbreiteter Annahmen zeigt sich das Verhältnis zwischen den Generationen im Erwerbsleben weitgehend harmonisch, konfliktfrei und solidarisch. Das Bild von älteren Kolleginnen und Kollegen ist durch alle Altersgruppen hindurch deutlich positiv, mit durchschnittlich 81,8%. Lediglich 2,5% haben ein negatives Bild von Älteren. Auch die Jüngeren stehen diesem Eindruck kaum nach: 76,4% aller Befragten geben an, einen positiven oder sehr positiven Kontakt zu Jüngeren zu haben, nur 4,7% antworten negativ.

Das größte Konfliktpotenzial mit Jüngeren liegt bei Erwerbstätigen ohne Abschluss mit einer negativen Einstellung von 13,3%, das größte Konfliktpotenzial mit Älteren besitzt die junge Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen mit 12,5%. Die Hauptursache für Konflikte scheint im Empfinden zu liegen, dass Ältere den Jüngeren Wissen vorenthalten. In der Altersgruppe 18 bis 29 erleben dies gut 30%, während 18,9% dieser Gruppe auch „häufige Spannungen und Konflikte“ bis hin zu Feindseligkeiten (10,7%) beobachten.

Mehrheitlich prägen aber kooperative Verhaltensmuster das Bild. „Gegenseitige Unterstützung“ wird mit 50,0% als besonders häufig erlebtes Verhalten genannt, gefolgt vom „Teilen von Wissen“ mit 49,3% und „Voneinander Lernen“ mit 48,1%. 14,5% erleben sogar Freundschaften zwischen älteren und jüngeren Kolleginnen und Kollegen.

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