Demokratie-Verdruß und Akzeptanz von Flüchtlingen: INSA-Umfrage liefert erstaunliche Ergebnisse

Hermann Binkert (INSA): Die Frage der Flüchtlingsaufnahme spaltet die Deutschen nach wie vor. Jeder Dritte will gar keine Flüchtlinge aus dem Lager Moria aufnehmen. Anders als in vielen anderen Fragen, beeinflusst die veröffentlichte Meinung die öffentliche Meinung hier weniger. Trotzdem ist das Thema Migration im Themenranking nach wie vor hinten. Sollte sich eine zweite Corona- oder Flüchtlingswelle forcieren, ist nicht auszuschließen, dass sich die beiden Themen gegenseitig beeinflussen.

Inwieweit sind die Befragten unzufrieden mit der Demokratie in Deutschland?

In der aktuellen Erhebung fragten wir, ob die Bürger unzufrieden sind mit der Funktionsweise der Demokratie in Deutschland. Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Befragten bei der Einschätzung gespalten sind. So stimmen 42 Prozent der Befragten der Aussage zu, während 43 Prozent diese ablehnen.

Zwischen den Altersgruppen ist hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Demokratie kein eindeutiger Trend erkennbar. Dennoch ist ersichtlich, dass Befragte zwischen 18 und 49 Jahren die Aussage zumindest knapp relativ-mehrheitlich ablehnen (41-46 zu 33-39 %) und die beiden älteren Altersgruppen der Aussage mehrheitlich zustimmen (je 47 zu 41-42 %).

Je höher das Einkommen der Befragte ist, desto seltener sind die Befragten unzufrieden mit der Demokratie. So geben 46 Prozent der Befragten mit einem Haushaltseinkommen von unter 1.000 Euro an, unzufrieden mit der Demokratie zu sein, anschließend sinken die Anteile leicht auf 42 Prozent bei Befragten mit 3.000 bis unter 4.000 Euro und dann deutlicher auf 36 Prozent bei den Befragten mit 4.000 Euro und mehr. Erst ab einem Haushaltseinkommen von 3.000 Euro und mehr lehnen die Befragten die Aussage mehrheitlich ab.

Aufgeschlüsselt nach westlichen und östlichen Bundesländer sind deutliche Unterschiede in der Zufriedenheit mit der Demokratie in Deutschland zu finden: So lehnen Befragte aus Westdeutschland mit 45 Prozent relativ-mehrheitlich die Aussage ab, mit der Funktionsweise der Demokratie in Deutschland unzufrieden zu sein (gegenüber 41 % Zustimmung). In Ostdeutschland kehrt sich das Verhältnis um: Hier sind die Befragten relativ-mehrheitlich unzufrieden damit, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert (47 zu 32 %).

Aufgeschlüsselt nach Parteien wird ersichtlich, dass insbesondere derzeitige AfD-Wähler am häufigsten unzufrieden mit der Demokratie in Deutschland sind: So stimmen 72 Prozent derjenigen, welche derzeit der AfD ihre Stimme geben würden, der Aussage zu (gegenüber 20 % Ablehnung). Bei den Wählern anderer Parteien ist die Zustimmung zu dieser Aussage deutlich weniger stark ausgeprägt: Zwischen 30 (Grünen-Wähler) und 43 Prozent (Linke-Wähler) sind unzufrieden damit, wie die deutsche Demokratie funktioniert. Dementsprechend lehnt mindestens eine relative Mehrheit der Befragten dieser Wählergruppen die Aussage ab, wobei die Werte zwischen 47 (Linke-Wähler) und 60 Prozent (Grünen-Wähler) schwanken.

Wie stehen die Befragten zur Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Flüchtlingslager Moria?

Insgesamt stimmt etwa ein Drittel (34 %) der Aussage zu, dass Deutschland gar keine Flüchtlinge aus Moria aufnehmen sollte, während 48 Prozent der Befragten dieser Aussage nicht zustimmen.

Die Befragten bis 49 Jahre sowie jene ab 60 Jahren sind mehrheitlich dagegen, dass Deutschland keine Flüchtlinge aus dem Flüchtlingslager Moria aufnehmen sollte (41-55 bzw. 52 zu 21-38 bzw. 33 %). Befragte zwischen 50 und 59 Jahren stehen einer Aufnahme skeptischer gegenüber: So gibt eine knappe Mehrheit der Befragte aus dieser Altersgruppe an, Deutschland solle gar keine Flüchtlinge aus Moria aufnehmen (43 zu 41 %).

Mehr als die Hälfte und somit die absolute Mehrheit der Befragten aus Westdeutschland lehnt die Aussage, dass Deutschland keine Flüchtlinge aus Moria aufnehmen sollte, ab (51 zu 31 %). Das gegenteilige Verhältnis zeigt sich im Osten: Hier sprechen sich die Befragten relativ-mehrheitlich dafür aus, dass gar keine Flüchtlinge aus Moria aufgenommen werden (44 zu 34 %).

84 Prozent und somit die absolute Mehrheit der derzeitigen AfD-Wähler stimmen der Aussage zu, dass Deutschland keine Flüchtlinge aus Moria aufnehmen sollte (gegenüber 7 % Ablehnung). Auch die relative Mehrheit der FDP-Wähler vertreten diese Position (45 zu 39 %). Bei den anderen Wählergruppen überwiegt die Ablehnung, welche sich zwischen 54 (Unions-Wähler) und 83 Prozent (Grünen-Wähler) bewegt (gegenüber 8-31 % Zustimmung).

Sonntagsfrage

In der aktuellen Sonntagsfrage konnte die Union im Vergleich zur Vorwoche einen halben Prozentpunkt hinzugewinnen und liegt mit 35,5 Prozent weiterhin mit deutlichem Vorsprung vor den anderen Parteien an der Spitzenposition. Die Grünen mussten in dieser Woche einen Prozentpunkt abgeben, belegen allerdings mit 17 Prozent weiterhin den zweiten Platz vor der SPD, welche unverändert 16 Prozent erreicht. Dahinter folgt die AfD mit 11,5 Prozent (+ 0,5), die Linkspartei mit 7,5 Prozent (- 0,5) und die FDP mit sieben Prozent (+ 0,5).

Betrachtet man die sicheren Wähler, können sowohl Union, SPD, Grüne und AfD jeweils einen Punkt hinzugewinnen. Bei der FDP und der Linkspartei können keine Veränderungen festgestellt werden.

Bei den potentiellen Wählern kann einzig die AfD im Vergleich zur Vorwoche einen Prozentpunkt hinzugewinnen. SPD und FDP verlieren bei den potentiellen Wählern je einen Prozentpunkt. Die Anteile der übrigen Parteien bleiben bei den potentiellen Wählern im Vergleich zur Vorwoche konstant.

Die Grünen reduzieren den Anteil derer, die die Wahl ihrer Partei grundsätzlich ausschließen, um drei Prozentpunkte, Union, SPD und FDP jeweils um einen Prozentpunkt. Einzig bei der AfD steigt das Negativpotential um einen Punkt, bei den Linken stagniert es.