Corona: Chef der Tafeln in großer Sorge

Es braucht auch einen Corona-Schutz-Schirm für die Armen – fordert der Tafel-Chef Jochen Brühl.

Der Dachverband der Tafeln in Deutschland hat die Verantwortlichen in der Politik dazu aufgerufen, bei der sozialen Bekämpfung der Corona-Pandemie endlich stärker die Bedürfnisse armer Menschen zu berücksichtigen. Verbandschef Jochen Brühl sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Einen Corona-Rettungsschirm muss es auch für Arme geben.“ Deren psychische und materielle Belastung sei derzeit enorm. Sie müssten sich zum einen mit Hygieneartikeln wie Masken und Desinfektions-Mittel eindecken. Zum anderen bleiben etwa 600.000 der insgesamt 1,6 Millionen bisherigen Kunden den Tafeln aus Sorge vor einer Ansteckung fern. „Und wenn sie nicht mehr zur Tafel kommen, müssen sie sich anderweitig mit Lebensmitteln eindecken. Das ist im Zweifelsfall auch viel teurer.“ Brühl schloss sich daher der Forderung nach einer kurzfristigen Erhöhung der Hartz-IV-Sätze um 100 Euro im Monat an.

Der Tafel-Vorsitzende geht aber nicht davon aus, dass Menschen in diesem Corona-Winter hungern werden. „Wenn mir aber eine Alleinerziehende erzählt, dass sie an den letzten zehn Tagen im Monat nur noch trockene Nudeln isst, um ihren Kindern Obst und Gemüse kaufen zu können, ist das schlimm genug.“

Stark betroffen seien arme Menschen auch von den Einschränkungen sozialer Kontakte. Dies verstärke vor allem die Alters-Einsamkeit. Bei allen mehr als 950 Tafeln in Deutschland falle derzeit das Rahmenprogramm wie etwa Seniorennachmittage aus. Brühl sagte, es werde derzeit viel darüber diskutiert, wie wir in Deutschland dieses Jahr Weihnachten feiern können. „Für viele Tafel-Kunden ist das überhaupt kein Thema. Die sitzen an den Feiertagen allein in ihrer Wohnung ohne soziale Kontakte, ohne Festessen. Die Pandemie hat die Dimension der Vereinsamung in unserem Land noch einmal verstärkt.“