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Ausstellungstipp: Sieh Dir die Menschen an! Das neusachliche Typenportrait in der Weimarer Zeit. Museum Gunzenhauser Chemnitz

Die Ausstellung Sieh dir die Menschen an! im Museum Gunzenhauser betrachtet das neusachliche Typenporträt erstmals eingehend im historischen Kontext. Gezeigt werden zahlreiche Werke, in denen Künstler wie Otto Dix, George Grosz, Jeanne Mammen und Hanna Nagel das »Typische« der porträtierten Personen in den Vordergrund stellten. Zentral bei diesem Ansatz ist die Frage: Was verrät unser Gesicht über unseren Charakter, über unser Leben und über unsere politische Gesinnung?

In der Weimarer Zeit war das Denken in Typen weitverbreitet. Überlegungen zu Physiognomie, Typenlehre und Charakterologie waren sowohl in wissenschaftlichen Veröffentlichungen, als auch in den prosperierenden Zeitungen, Filmen und in der Literatur allgegenwärtig. So auch im erstmals 1930 erschienenen Ratgeber von Gerhard Venzmer »Sieh dir die Menschen an!« – der der Ausstellung fast schon mahnend den Titel gibt. Das in Stuttgart erschienene Buch sollte laut Verlag »anschaulich die inneren Beziehungen zwischen Körperform und Wesensart des Menschen« erklären. Aus heutiger Sicht muss jedoch betont werden, dass trotz der enormen Reichweite der Publikation, die hier formulierten Thesen nicht über pseudowissenschaftliches Fabulieren hinauskamen – aber schwerwiegende Folgen hatten. Schließlich diente den Nationalsozialisten der Denkansatz als Vorlage für ihre Rassenideologie und lieferte damit ein zentrales Argument ihrer Vernichtungsmaschinerie.

Die Ausstellung nimmt den Kerngedanken des beschriebenen gesamtgesellschaftlichen Diskurses zur Zeit der Weimarer Republik in den Fokus und betrachtet ihn kritisch. Heute wird dieses Denken häufig als Kategorisierungs- und Typisierungswahn einer orientierungssuchenden Epoche bewertet. Jedoch kann schnell festgestellt werden, dass viele Stereotype und Klischees von damals bis in die Gegenwart nachwirken und weiterhin den Blick auf unser Gegenüber beeinflussen. So schlägt die Ausstellung einen direkten Bogen in die Gegenwart mit einer eigens für die Ausstellung konzipierten Installation Alpha Dog von Cemile Sahin. Darin untersucht die Künstlerin, wie historische Methoden der Typisierung durch moderne Technologien für militärische Zwecke und zur Überwachung weiterentwickelt wurden. Dazu setzt sie sogenannte Roboterhunde ein: vierbeinige Laufroboter, die Hunden ähneln und in ihrer hochpreisigen Version mit einer KI-basierten Gesichtserkennung ausgestattet sind.

Museum Gunzenhauser Chemnitz

Theaterplatz 1, 09111 Chemnitz

Öffnungszeiten

Di, Do–So, Feiertag 11–18 Uhr
Mi 14–21 Uhr

Tickets

8,00 Euro

ermäßigt 5,00 Euro

Mehr Informationen: kunstsammlungen-chemnitz.de.


Bilder: Kunstsammlungen Chemnitz Museum Gunzenhauser © DNEWS24

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