Wirtschafts-Experten fordern von der neuen Bundesregierung eine Renten-Reform

Der wissenschaftliche Beirat der Stiftung Marktwirtschaft schlägt der neuen Bundesregierung in seiner aktuellen Studie konkrete Maß­nahmen vor, um die Finanzierung der heuti­gen Renten-, Pflege- und Gesundheitspolitik auf tragbare und generationenge­rechte Füße zu stellen, globalen Klimaschutz wirksam und effizient zu betreiben sowie mithilfe einer innovationsfreundlichen Digitalisierungsstrategie die Wettbe­werbsfähigkeit Deutschlands zu stärken.

„Die neue Bundesregierung muss die Transformation der deutschen Wirtschaft, die im Zuge von Digitalisierung, De­karbonisierung und demografischem Wandel ansteht, mit den richtigen Rah­menbedingungen begleiten und dabei die knappen Finanzmittel unter Einhal­tung der Schuldenbremse möglichst zielgenau und effizient einsetzen“, betont Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld. Der Sprecher des Kronberger Kreises warnt, dass dies kein leichtes Unterfangen sei, da bereits der demografische Wandel für sich genommen hö­here Sozialausgaben bedinge, wenn an der heutigen Renten-, Pflege- und Ge­sundheitspolitik festgehalten werde.

In der Rentenpolitik seien kurzfristig wirksame Maßnahmen zur Eindämmung der Ausgabensteigerungen notwendig, wie bspw. die Wiedereinsetzung des Nachholfaktors in der Rentenformel. „Das derzeitige Aussetzen des Nachholfaktors kommt einer Manipulation der Rentenformel zu Lasten der jüngeren Generationen gleich. Seine Wiedereinsetzung wäre nichts anderes als eine faire Lastenverteilung der wirtschaftli­chen Auswirkungen der Corona-Krise zwischen den Erwerbstätigen und den Rentnerinnen und Rentnern“ stellt Prof. Dr. Berthold Wigger klar. Zur langfristigen Stabilisierung der Gesetzlichen Rentenversicherung solle das gesetzliche Ren­teneintrittsalter ab dem Jahr 2031 angehoben und an die Entwick­lung der ferneren Lebenserwartung gekoppelt werden.

Auf Ebene der Digitalisierung erfordere eine erfolgreiche Strategie nennenswerte Investitionen, aber auch die Umorganisation von Prozessen, was insbesondere im öffentlichen Dienst schwierig sei. Der Bund solle hier durch eine mit Auflagen versehene Fortführung des Digitalpakts hel­fen. Notwendig sei z.B. eine bundesweite Standardisierung von Software, um möglichst hohe Skalenef­fekte zu generieren. „Zudem sollte schnellstmöglich eine Sachverständigenkommission ein­gesetzt werden, die zügig Vorschläge für ein innovationsfreundlicheres Datenrecht entwickelt. Nur wenn private Datenkooperationen gefördert, Dateninteroperabilität gesteigert und Datennutzung für Zwecke von be­sonderem öffentlichem Interesse erleichtert werden, können Deutschland und Europa im internationalen Innovationswettbewerb mithalten“, so Prof. Dr. Heike Schweitzer.

Um die bisherige Ineffizienz der deutschen Klimaschutzpolitik zu überwinden, müsse die Bepreisung von CO2 das Leitinstrument sein, die sozialpolitisch durch die Abschaffung der EEG-Umlage und eine Sen­kung der Stromsteuer zu flankieren sei. Der europäische Emissionshandel sollte auf weitere Sektoren und Staaten ausgeweitet und global verzahnt werden. Eine deutlich stärkere Rolle müssten Innovationen in der deutschen Klimapolitik spielen. Die Entwicklung neuer klimafreundlicher, bezahlbarer Innovationen in Deutschland könne laut Kronberger Kreis einen wirklichen Unterschied machen, wenn diese Innovationen international genutzt werden würden. „Im Grunde ist es ähnlich wie bei der Corona-Pandemie: Das Impfen in Deutschland wird Corona nicht weltweit ausrotten und hat auf das globale In­fektionsgeschehen nur marginalen Einfluss. Die Entwicklung ei­nes Impfstoffes, die Innovation also, ist das, was weltweit einen Unterschied macht“, veranschaulicht Prof. Dr. Justus Haucap.

Wichtig sei darum staatliche technologieoffene Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die Verbesserung der Rahmenbedingun­gen für Unternehmen, z.B. durch Abschreibungserleichterungen und eine Überprüfung der Un­ternehmensbesteuerung hinsichtlich innovationsschädlicher Elemente. „Die Konsolidierung der öf­fentlichen Haushalte sollte in erster Linie über Wirtschaftswachstum erfolgen. Für eine dynamischere Wirtschaftsentwicklung kommt es vor allem auf die private Investitionstätigkeit an, die günstige Investitions- und Wettbewerbs­bedingungen voraussetzt“, hebt Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest hervor.