Vatertag

Der Vatertag 2020 ist anders. Betrachtungen von Uwe-Matthias Müller

Der Bollerwagen bleibt in diesem Jahr in der Garage. Wie haben sich die Zeiten verändert. Während der Vatertag noch im letzten Jahr Anlaß für genderspezifische Gruppenbildung einschließlich besinnungslosem Rudelsaufen war, zwingt Corona 2020 die Menschen zur Demut.

Ich kann daran – was das Besäufnis und das über die Stränge schlagen anbelangt – nichts Schlechtes finden. Und überhaupt: dieses kalendarisch angesagte Fröhlichsein – 11.11. Karneval, Rosenmontag Karneval, Faschings-Dienstag Karneval, Aschermittwoch Fisch-Essen, Starkbier-Fest, Bier-Fest, Wein-Fest, Oktober-Fest – meine streng gepflegte Individualität lässt mich auf diese Gemütlichkeits-Phänomene mit Distanz sehen.

Führen wir uns noch einmal vor Augen, wie die Lage bei uns vor neun Wochen war. Am Freitag dem 13. März 2020 verliess ich Berlin nach einigen Tagen, in denen fast im Stundentakt Veranstaltungen, zu denen ich in die Hauptstadt gereist war, abgesagt wurden. Dies gab mir Muße zu einem Museumsbesuch und ich konnte die Ausstellung Madonnen von Raffael (DNEWS24: ZU OSTERN INS MUSEUM – VIRTUELLE ANGEBOTE) in der Nationalgalerie genießen. Denn außer mir waren nur wenige Menschen im Museum am Kulturforum in der Nähe des Potsdamer Platzes in Berlin. Die Stadt wirkte damals schon zwar nicht ausgestorben aber deutlich leerer. In Mitte waren die Touristen-Scharen verschwunden. Als ich am 13. Mittags wieder in Bayern ankam – nach einer Zugfahrt, die mir einen fast leeren ICE beschert hatte – kündigte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder für die nächsten Tage einen Lockdown an. Nur eine Woche später folgte dann ein ganzer Massnahmenkatalog auf Deutschland bezogen. Seitdem – seit dem 13. März 2020 – befinde ich mich in selbstgewählter Isolation und bin kaum auf die Straße gegangen. Seit einigen Tagen nun ist es möglich, wieder mehr soziale Kontakte zu pflegen; unter Einhaltung eigentlich selbstverständliche Hygieneregeln, unter Einhaltung von Abstand und immer mit einer Mund-Nase-Bedeckung im Gesicht (DNEWS24: JETZT WIRD DIE MASKE ZUM MODISCHEN IT-PIECE). Begrüßungszeremonien, ein Händedruck à la Macron, Bussi links, Bussi rechts, ein freundliches Lächeln – das alles gehört in der uns gewohnten Form, wie wir es vor dem 13. März 2020 kannten, wohl für längere Zeit der Vergangenheit an.

Stattdessen Ghetto-Faust oder Ellbogen-Check…

Erst wenn wir einen Impfstoff haben und sich viele Bürger impfen liessen, wird wieder die vor dem 13. März 2020 gewohnte Normalität eintreten.

Ich habe gestern gelesen, dass die Deutsche Bahn ein umfangreiches Hygieneprogramm für ihre Züge startet. ICE und IC sollen nun während der Fahrt mehrmals gereinigt werden, auch die Sanitäreinrichtungen. Klinken und öffentliche Bereiche sollen auch während der Fahrt desinfiziert werden. Zeit wird’s, traurig, dass es für diese selbstverständlichen Massnahmen des Coronavirus bedurfte. Ich bin davon also nicht beeindruckt, anderes kenne ich nicht von der österreichischen Bundesbahn. Wenn man dort von Wien nach Deutschland mit der ÖBB fährt, dann wird der Zug in diesen zweieinhalb Stunden Fahrt von Wien bis Salzburg mehrmals gereinigt. Vor Corona war das schon üblich. Wir die wir uns immer sehr viel auf unsere Fortschrittlichkeit und auf unseren Ordnungssinn und unsere Sauberkeit einbilden, bekommen in diesen Tagen vor Augen geführt was es bedeutet, diszipliniert zu sein, Hygiene-Regeln einzuhalten und auch die Distanz zu anderen zu wahren.

Nutzen wir den heutigen Tag um das etwas zu reflektieren und das Beste aus der Situation zu machen.

Dann ist heute ein guter Vatertag für die ganze Familie. Und so soll es sein.