Staatsballett – from Berlin with Love

Endlich wieder Ballett live – Das Staatsballett zeigt in seiner Gala From Berlin with Love brillante Auszüge aus ihrem Repertoire und neue Choreographien.

Als ich am 26.8.2020 zur Premiere der neuen Ballett Gala des Staatsballetts Berlin in die Deutsche Oper kam, hatte ich das Haus schon ein halbes Jahr nicht mehr von innen gesehen.

Als dann langsam das Licht ausging und die Vorstellung begann stellte sich sofort ein freudiges Gefühl der Spannung und des Interesses ein. Wie schön endlich wieder bei einem live-stattfindenden Ereignis dabei zu sein. Es ist für mich die erste indoor-Veranstaltung seit dem Corona-Lockdown.
Kein noch so gut gemachtes Video kann die Atmosphäre eines Live-Events wiedergeben. Für Menschen, die Kunst und Kultur für ihr Seelenleben unbedingt brauchen, wie für mich, war das Erlebnis ein wirklich ganz besonderes. Und mit der Bitte an den lieben Gott, möglichst keinen weiteren Lockdown in diesen Corona-Zeiten erleben zu müssen.

Wegen der Corona-Verordnungen hat die Deutsche Oper große Abstände zwischen den Zuschauern organisiert: zwar wird jede Reihe genutzt, aber zwischen den verwendeten Sitzen bleiben 3, manchmal sogar vier Plätze frei. Daraus ergeben sich aus den maximal 1800 möglichen Sitzen nur noch 400 mögliche Sitzplätze für Besucher – weniger als ¼.

Die Leitung des Staatsballetts hatte ganze Arbeit geleistet. Innerhalb so kurzer Zeit das gesamte Programm einer Spielzeit über den Haufen zu werfen und etwas ganz Neues auf die Bühne zu bringen ist wahrlich ein Kraftakt. Deshalb gilt dem gesamten Team und besonders der neuen Intendantin des Staatsballetts, Frau Dr. Theobald, meinte höchste Anerkennung.

Ein Potpourri an Ausschnitten aus bekannten Choreographien, aber auch drei Berliner Erstaufführungen und eine Uraufführung erwartete das Publikum.

Der Abend beginnt mit der Projektion des Videos „FROM BERLIN WITH LOVE“.

Es zeigt den Zusammenschnitt mehrerer Kurzfilme, welche 45 Mitglieder des Staatsballetts mit ihren eigenen Handys aufgezeichnet haben.
Die erste Solotänzerin, Ksenia Ovsyanick, hatte sie gebeten während des Lockdowns in der Isolation zu Hause kleine Choreographien zu realisieren und schnitt diese anschließend thematisch passend zu einem 3 ½ minütigem Film zusammen.

Im Hintergrund läuft der 2. Satz von Beethovens 7. Symphonie. Obwohl nur mit den einfachsten technischen Mitteln realisiert kommt eine sehr emotionale Stimmung auf, welches bereits mit über 50.000 Aufrufen auf Youtube belohnt wurde. Ein großes Bravo an Ksenia Ovsyanick!

Die an dem Video beteiligten Tänzerinnen und Tänzer sind:
Yolanda Correa, Arshak Ghalumyan, Ksenia Ovsyanick, Aurora Dickie, Chloe Lopes Gomes, Federico Spallitta, Paul Vickers, Olaf Kollmannsperger , Alizée Sicre, Dana Pajarillaga, Alejandro Virelles, Polina Semionova, Iana Salenko, Johnny McMillan, Lucio Vidal, Tara Samaya, Ross Martinson, Marina Kanno, Yi-Chi Lee, Mari Kawanishi, Filipa Cavaco, Weronika Frodyma, Marco Arena, Vivian Assal Koohnavard, Cécile Kaltenbach, Vahe Martirosyan, Jenna Fakhoury, Yuria Isaka, Paulina Bidzinska, Aya Okumura, Sarah-Jane Brodbeck, Marian Walter, Luciana Voltolini, Eloïse Sacilotto, Alexander Abdukarimov, Elinor Jagodnik, Harumi Terayama, Yoko Callegari, Giuliana Bottino, Elodie Estève, Alexei Orlenco, Evelina Godunova, Sacha Males, Georgeta Varvarici, Anna Liening

Danach erwartet das Publikum in der Deutschen Oper zehn kleinere bis größere Choreographien ganz unterschiedlicher Künstler und unterschiedlicher Stilrichtungen:

Die erste Choreographie „PAS DE QUATRE“ von Anton Dolin zeigt klassisches Ballett wie im 19. Jahrhundert. Tutu, Spitzentanz und ein ständiges Lächeln im Gesicht. Im Hintergrund ein Bild aus der Zeit der Deutschen Romantik. Technisch sicher herausfordernd, kann es aber an diesem Abend nicht überzeugen. Mit: Elisa Carrilo Cabrera, Yolanda Correra, Ksenia Ovsyanick, Iana Salenko. Musik: Cesare Pugni

Dann geht es modern weiter, „LOOK OUT FROM THE SILENCE“, mit dem Tänzer Alexander Abdukarimov, der in seiner eigenen Choreographie elegant mit einem riesigen Scheinwerfer kämpft. Großer Applaus und Bravo-Rufe.

Das nächste Stück ist der Knaller des Abends: Die Berliner Erstaufführung eines Auszugs von Heinz Spoerlis Choreographie „EIN SOMMERNACHTSTRAUM“ mit der Musik von Philipp Glass. Absolut faszinierend. Für mich das Highlight des Abends!
Mit den Tänzer*innen Sarah Brodbeck, Vahe Martirosyan, Evelina Godunova, Yevgeniy Khissamutdinow, Alizée Sicre und Alexej Orlenco.

In „CINQUE“ glänzt Superstar Polina Semionova in einer modernen Choreographie von Mauro Biganzetti. Polinas Ausdrucksmöglichkeiten mit ihren Armen, Händen und Fingern ist beeindruckend und wird zurzeit von keiner anderen Tänzerin erreicht. Sie ist zweifelsohne immer noch die beste Tänzerin der Kompanie. Musik: Vivaldi.

„SCHWANENSEE“ haben viele von Euch schon gesehen, hier ein Auszug aus dem zweiten Akt mit dem Pas-de-Deux, getanzt von den Ersten Solist*innen Iana Salenko und Marian Walter. Musik: Tschaikowsky.

Tänzer Dinu Tamazlacaru lädt uns anschließend nach Frankreich ein mit „LES BOURGEOIS“ in einer humorvollen Choreographie von Ben van Cauwenbergh und der Musik von Jaques Brel „Quinze ans d’ armour“. Klar, worum sollte es auch sonst in unserem Nachbarland gehen…

Die erste Solitänzerin Yolanda Correra zeigt uns in „DU BIST DIE RUH“ in einer Choreographie von Andreas Heise klassische und moderne Tanzelemente zu der live auf der Bühne gespielten Musik von Franz Schubert. Mit Arne Christian Pelz am Violoncello und Alina Pronina am Klavier.

Ein weiteres Pas-de-Deux zeigen uns die beiden Ersten Solotänzer*innen Elisa Carrillo Cabrera und Mikhail Kaniskin in „KAZIMIR’S COLOURS“ von Mauro Biganzetti mit der Musik von Schostakowitsch. Sehr klassisch und etwas langweilig.

Das zweite Highlight des Abends kommt jetzt: Die erste Solotänzerin Ksenia Ovsyanick (siehe Video „From Berlin with love“) zeigt „M – DAO“ von Choreograph Yabin Wang mit der Musik von Jocelyn Pook. Ksenia tanzt hier im Stil des Modern Dance in der Tradition einer Martha Graham oder Isadora Duncun. Mit einem langen, weiten Rock, der bis zu den Knöcheln reicht, schwebt und schwingt die Tänzerin über die Bühne. Sehr eindrucksvoll!

Den Abschluss bilden vier Tänzer, Cameron Hunter, Konstantin Lorenz, Danil Simkin und wieder Dinu Tamazlacaru (siehe oben „Les Bourgeois“) mit „VARIATION FOR FOUR“ von Choreograph Anton Dolin (wie auch vom ersten Stück „Pas de Quatre“). Mehr klassisch als modern, mit der Musik von Marguerite Keogh, bildet es einen tänzerisch-heiteren Abschluss des Abends.

Am Ende senkt sich noch einmal die Leinwand und uns wird per Video die Arbeit der Tänzerinnen und Tänzer in den Ballett-Studios gezeigt (seht dazu auch die Fotos in der Bilderserie)

Ein Abend voller Höchstleistungen und toller Choreographien zeigt, wie wunderbar Ballettkunst sein kann und wie wichtig das Staatsballett für die Kultur in Berlin ist.


Text und Bild: Holger Jacobs / Kultur24Berlin