Ob Kinder betreuen, Angehörige pflegen oder für den Haushalt sorgen – für das Wohlergehen von Gesellschaften und das Funktionieren der Wirtschaft sind diese Arbeiten unerlässlich. Doch für Frauen sind sie allzu häufig eine Armutsfalle: Laut Berechnungen der Vereinten Nationen steigt das Risiko von Frauen, in extremer Armut zu leben, wenn sie Kinder gebären, versorgen und großziehen. Die ungleiche Verteilung der Pflege- und Fürsorgearbeit schafft und verschärft zudem soziale Ungleichheit: Weltweit besitzen Männer 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen. 42 Prozent aller Frauen, aber nur 6 Prozent der Männer im erwerbsfähigen Alter können wegen Pflege- und Fürsorgeaufgaben keiner Erwerbsarbeit nachgehen. Und in vielen Ländern verdienen Mütter 42 Prozent weniger als Frauen, die keine Kinder haben.
Dr. Ellen Ehmke, Analystin für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland, kommentiert: „Diese Zahlen sind Ausdruck eines Wirtschaftssystems, das vor allem für wohlhabende Männer funktioniert. Weltweit erbringen Frauen und Mädchen jedes Jahr Pflege- und Sorgeleistungen, die das Vermögen der Superreichen bei Weitem übersteigen. Aber während die einen sich zurücklehnen und ihre Dividendenschecks zählen können, taucht die Leistung der anderen nicht einmal in einer Wirtschaftsstatistik auf. Zudem sind sie besonders häufig von Armut und Altersarmut bedroht.”
In ländlichen Gebieten armer Länder verbringen Frauen täglich bis zu 14 Stunden mit Pflege- und Fürsorgearbeit. Auch Mädchen müssen dabei häufig mithelfen. Die Klimakrise verschärft diese Situation, weil die Wege zu Wasserstellen länger werden, der Anbau von Gemüse schwieriger wird und Krankheiten wie Malaria und Cholera zunehmen.
Oxfam fordert massive Investitionen in öffentliche Infrastruktur, die Frauen und Mädchen von unbezahlter Pflege- und Fürsorgearbeit entlasten. In armen Ländern können etwa Wasserleitungen und die Versorgung mit regenerativer Energie den Zeitbedarf für die Beschaffung von Wasser und Feuerholz mindern. In reichen Ländern geht es eher um eine gerechtere Verteilung von Erziehungs- und Betreuungszeiten. Überall besteht Bedarf an mehr Bildungsangeboten, mehr Kinderbetreuung, besserer und professionellerer Pflege von alten und kranken Menschen. Verfügbarkeit und Qualität von Pflege und Betreuung dürfen keine Fragen des Geldbeutels sein.
Die Bundesregierung sollte ihrer nationalen und internationalen Verantwortung gerecht werden, indem sie mehr in öffentliche Kinderbetreuung und soziale Absicherung in armen Ländern investiert. Es müssen mehr staatliche Entwicklungsgelder in öffentliche Kinderbetreuung fließen. Derzeit werden nur zwei Prozent der gesamten Gelder der deutschen Entwicklungszusammenarbeit für Kitas und Grundschulen eingesetzt.