Neulich in Berlin: blühende Landschaften
Ein Ausblick auf die anstehenden Landtags-Wahlen in Brandenburg und Sachsen. Von Uwe-Matthias Müller.
In Brandenburg und Sachsen wird am Sonntag gewählt. Das Meinungsforschungs-Institut INSA sagt voraus, dass die Parteien am Rand – rechts AfD, links Die Linke – und die Nichtwähler die Mehrheit stellen werden. Das gibt schon mal kein gutes Gefühl. Eine Ursachenforschung in drei Abschnitten:
Wahlmanipulation
In Brandenburg hat ein Wahlhelfer bei der Kommunalwahl einer Partei, die er nicht mag, abgegebene Stimmen entzogen und diese Stimmen einer Partei, die er mag, zugerechnet. Das erinnert Bürger, die die Wahlergebnisse und ihr Zustandekommen („Wir gehen falten.“) in den Zeiten der DDR erinnern, fatal an die schlechten alten Zeiten. Verstärkt wird dieses Gefühl, wenn ein ziemlich anonymer Wahlausschusss einer Partei die Listenplätze in großem Umfang streicht und der Verfassungsgerichtshof in Sachsen dann diese Entscheidung zum Teil wieder aufhebt. Kaum ein Bürger, der nicht Voll-Jurist ist, kann das verstehen. Viele aber denken sich ihren Teil.
Schuld sind die Anderen – wer regiert, kann für nichts
Ministerin Köpping aus Sachsen hat ein Buch mit dem unheilschwangeren Titel „Integriert doch erstmal uns“ veröffentlicht. Sie ist verkaufsfördernd auf ständiger Lese- und Vortragsreise und man kann sich nur freuen, welch tüchtige Mitarbeiter die Ministerin haben muss, denn offensichtlich ist ihre Anwesenheit in ihrem Amtssitz nicht allzu oft erforderlich. Nun kandidiert die Gute auch noch für den SPD-Vorsitz, was als Versuch einer joberhaltenden Massnahme gelobt werden muss. Denn das Frau Köpping in Sachsen noch einmal Ministerin werden kann, scheint ausgeschlossen. Die SPD kann froh sein, wenn sie die 5%-Hürde meistert. Worum geht es in dem Köpping-Buch? Sie streicht Balsam auf die wunden Seelen ihrer „Ossis“, die von der Treuhand, den Politikern und der Regierung betrogen wurden. Ihre „Ossis“ finden das gut und setzen in den Vorträgen lauschend ihr „So isset-Gesicht“ auf. Dumm nur, dass Frau Köpping seit der Wende stets in politischer Verantwortung war. Wie ihre Partei, die SPD, übrigens auch. Wenn also weder Frau Köpping noch die SPD etwas besser tun konnten als sie es getan haben, warum sollte man die dann nochmal wählen?
Blühende Landschaften, blühender Unsinn?
Und dann die von dem Kanzler der Einheit, Helmut Kohl, versprochenen „blühenden Landschaften“. Auch wenn viele Regionen in den neuen Bundesländern abgehängt scheinen. An der Infrastruktur und dem vorbildlichen Umweltstandard im Osten und Nordosten unserer Republik kann das ja wohl nicht liegen. Wer sich erinnern kann an Transitfahrten durch die DDR, schmeckt noch die schlechte Leuna-Luft, riecht die Braunkohle-Heizungen in den Städten, sieht die total runtergewirtschafteten Wohngebiete in Leipzig, Dresden, Ost-Berlin. Und heute? Der geneigte Betrachter kann sich nur wundern, auf welch hohem Niveau über die ach so schrecklichen Lebens-Umstände in Dresden – wo Pegida entstand – geschrieen wird. Oder warum die Grünen im Höhenflug sind, weil eine 16jährigem Greta über den Atlantik segelt. Segeln kann man übrigens auch auf den Seen, die durch die Rekultivierung von Braunkohle-Abbaugebieten entstanden sind und weiter entstehen.
Nein, objektiv gibt es keinen Grund, gegen Alles und Jeden zu sein. Und doch ist es richtig: die sogenannten Volks-Parteien scheinen in vielen Bereichen den Bezug zum Volk verloren zu haben. Die SPD spürt das jetzt schon massiv, die CDU folgt ihr bedächtig aber scheinbar unaufhaltsam. Insofern blüht uns am Sonntag in den blühenden Landschaften Brandenburgs und Sachsens zwar kein Wunder aber vielleicht ein heilsamer Schock. „Im Osten geht die Sonne auf!“ Diese Phrase aus den Zeiten der Ideologie-Zwillinge Ulbricht und Honecker will sagen, der Osten geht voran und zeigt die Richtung. Wehe dem Westen und unserem gesamten Land, wenn das in Sachen Politik wirklich stimmt.
Der Autor Uwe-Matthias Müller
Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus. Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.
Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“
Mit „Neulich in Berlin…“ erzählt „UMM“ Erlebnisse und Eindrücke aus der Stadt, die sich selbst als arm aber sexy beschreibt und der Gesellschaft, die dem demografischen Wandel unterliegt.