Kurzarbeit und EURO-Bonds – Zeichen der Solidarität

Ressourcen erhalten und Chancen nutzen – gerade in schwierigen Zeiten muss das die Parole sein. Eine Analyse von Uwe-Matthias Müller

Die Bankenkrise wird in diesen Tagen immer wieder zitiert. Sie gilt vielen als härteste Wirtschaftskrise im Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Das war sie vielleicht nicht, denn der Aufbau nach dem 2. Weltkrieg hatte sicher noch eine andere Dimension. Aber sie war vielleicht die bedrohlichste. Denn wenn die systemrelevanten Groß-Banken kollabiert wären und die Bürger das Vertrauen verloren und ihre Gelder von den Konten abgehoben hätten – wer weiß, wie das Ganze ausgegangen wäre.

Ja, es gab einen bis dahin nicht vorstellbaren Einbruch des Bruttosozialproduktes. Das BIP schrumpfte um 5%. Millionen Menschen bangten um ihre Arbeitsplätze. Die Politik und die Arbeitgeber erkannten, dass der Krise zwangsläufig die Erholung folgen würde. Und dann waren die Arbeitnehmer – gut ausgebildet und berufserfahren – wieder stärker gefragt, denn je. Auch Arbeitnehmer 50Plus, wenn sie das Glück hatten, sich nicht bewerben zu müssen.

2009 1,6 Millionen Menschen in Kurzarbeit

Der Bankenkrise folgte rasch das „Beschäftigungswunder“ – so bezeichnete es der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman – das durch zwei Konjunkturpakete, vermehrt kürzere Arbeitszeiten, die Einführung von Kurzarbeit, den Aufbau von positiven Arbeitszeitkonten und strategischer betrieblicher Personalpolitik zugunsten Stammbelegschaften mit unverzichtbaren Qualifikationen bewirkt werden konnte. eine gezielt expansive Beschäftigungspolitik des Staates, vorausschauende Verbesserung der Kurzarbeitsregeln, eine moderate Tarifpolitik von Gewerkschaften und Arbeitgebern, tarifliche Beschäftigungssicherung und kooperative Belegschaften wirkten so zusammen, dass im Ergebnis die Erwerbstätigkeit 2009 in Deutschland sogar um 24.000 Personen im Jahresdurchschnitt gegenüber dem Vorjahr anstieg. Allerdings ging im verarbeitenden Gewerbe ohne Bau die Beschäftigung zwei Jahre lang um insgesamt 335.000 Personen zurück. Dies war dem Abwärtstrend und den Auslagerungen im verarbeitenden Gewerbe geschuldet. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) schätzt, dass durch die Gesamtpolitik in Deutschland etwa 2 Millionen Beschäftigungsverhältnisse erhalten wurden, durch die Arbeitszeitverkürzung etwa 1,1 Millionen. Die weiterhin expansive Beschäftigung in den Dienstleistungssektoren – dort vor allem in der Teilzeitarbeit – flankierten diesen Erfolg.

2020 wird hart

Die Produktion wird in diesem Jahr sinken, die Kaufkraft aber bleibt erhalten und so kann in einigen Fällen eine aufgeschobene Konsum-Entscheidung rasch wieder Nachfrage schaffen. Die Produktions-Kapazitäten bleiben durch die gigantischen Stützungs-Programme der EZB, der Bundesregierung und den Länder-Regierungen erhalten, die Nachfrage wird vielleicht nicht explodieren aber stark zunehmen. Die jüngst in aller Eile beschlossenen Hilfsprogramme laufen an, binnen 4 Wochen werden sie greifen.

Der Sachverständigenrat, der die Bundesregierung in Wirtschaftsfragen berät, hat in diesen Tagen ein Gutachten vorgelegt, das von ähnlichen Einbußen ausgeht, wie 2009 (DNEWS24 berichtete: https://dnews24.de/2020/03/30/sachverstaendigen-rat-corona-pandemie-fuehrt-zu-rezession-in-deutschland/). Die Wirtschaftsweisen erwarten schon für 2021 eine wirtschaftliche Erholung, die die Verluste aus 2020 kompensieren könnte.

Daher ist es elementar wichtig, auch in dieser Krise die Arbeitnehmer für die anstehenden besseren Zeiten in Reserve zu halten. Die Unternehmen können hier insbesondere auf die älteren Generationen zählen, die schon Krisen mitgemacht haben und damit umgehen können. Die Millenials erwischt es kalt. Für sie ist die Coronavirus-Wirtschaftskrise eine Premiere.

Die EU braucht unsere Solidarität – und wir brauchen die EU

Die Binnen-Nachfrage ist wichtig, der Export ist es auch..

Rechte und linke Populisten schieben Mißerfolge und eigene Unfähigkeiten gern auf den Moloch „Brüssel“. Alles schlechte kommt von der EU, alles gute ist hausgemacht, so die Lesart derjenigen, die auch mal ranwollen. Gleichzeitig beschneidet diese Art von Politikern die Möglichkeiten und Fähigkeiten der EU gezielt. Das jüngste Beispiel ist die Diskussion um sogenannte Corona-Bonds. Dabei handelt es sich eigentlich um EURO-Bonds, also ein Finanzierungs-Mittel, mit dem der EURO-Raum der EU in die Lage versetzt wird,  durch eigene Anleihen fiskalische Mittel zu generieren. Mir scheinen EURO-Bonds, wenn sie denn mit gewissen einzuhaltenden Parametern verknüpft sind und die beteiligten Länder der EURO-Zone sanktioniert werden, wenn sie gegen die vereinbarten Parameter verstossen, so sinnvoll und solidarisch, wie eine EU-Grenztruppe zum Schutz der Außengrenzen.

Insbesondere die Bundesregierung verweigert sich der sachlichen Diskussion um die Einführung von EURO-Bonds. Wahrscheinlich befürchten die Parteien der GroKo ein Erstarken der AfD, die die Einführung von EURO-Bonds als Vergesellschaftung der Schulden ablehnt. Es ist kein ermutigendess Zeichen, wenn die GroKo-Parteien sich nicht stark genug fühlen, mit den Wählern der AfD in einen Dialog über eine Reform der EU und damit verbunden letztlich auch einen stärkeren politischen Einfluss Deutschlands in der EU, zu treten. Wir müssen aufpassen. Denn nach dem Brexit hat Deutschland im Rat der EU nicht mehr einen bestimmenden Einfluss. Der ist rechnerisch auf Frankreich und den Süden Europas übergegangen. Jetzt könnte sich rächen, dass die Regierung Merkel das Verhältnis zu Frankreich und Präsident Macron gezielt abkühlen liess. Wenn sie jetzt auch noch den Süden der EU nachhaltig gegen sich aufbringt, wird es eng…