Kultur-Tipp: Garten der irdischen Freuden im Gropius-Bau

Die Natur als Ausgangspunkt von sinnlicher Erfahrung, politischem Gedankengut und ausschweifenden Träumen ist zurzeit im Museum Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen – ein Highlight in diesem Sommer!

Die Kunst hat sich schon immer mit der Natur auseinandergesetzt. Einzelne Künstler erreichten dabei geniale Schöpfungen, wie z.B. Paul Cezanne mit seinen Stilleben. Neben der Portraitmalerei und religiöser Themen gehörte die Naturmalerei immer schon zu den meist gewählten Motiven der Vergangenheit und der Gegenwart in der Kunst.

Während früher das Thema Natur in der Kunst in erster Linie dazu diente, beim Betrachter ein wohliges Gefühl von Schönheit zu erzeugen, sind heutige Künstler dazu übergegangen, in diesem Thema auch politische Botschaften oder gesellschaftliche Kritik zu äußern.

Genau in diesem Spannungsfeld bewegt sich die Ausstellung „Garten der irdischen Freuden“ im Martin-Gropius-Bau.

Ausgangspunkt für die Ausstellung ist das berühmte Triptychon „Garten der Lüste“ von Hieronymus Bosch aus dem 16. Jahrhundert. Dieses dreiteilige Werk zeigt sowohl die Schöpfungsgeschichte, wie Gott die Natur schuf, den Garten Eden mit Adam und Eva, als auch das finale Ende mit der Hölle am Schluss. Im Mittelteil, der hier in der Ausstellung alleine gezeigt wird, ist die wahre Freude zu sehen, wie Menschen sich dem Eros und der Sinnlichkeit hingeben, eingebunden in völliger Harmonie mit der Natur.
Der Betrachter könnte diese Arbeit auch als den Zyklus des Lebens interpretieren, von der Erschaffung der Welt, dem Zeugen neuen Lebens und seinem Ende.

Der größte Teil der Ausstellung gehört der sinnlichen Naturerfahrung.

Ausstellung „Garten der irdischen Freuden“

Während also Caspar David Fridrich vor 200 Jahren noch kitschige Sonnenuntergänge malte, sehen die Ergebnisse heutiger Künstler ganz anders aus. Der Südafrikaner Rashid Johnson baute im Lichthof des Gropius-Baus eine Mauer aus Topfpflanzen mit einem im Innern versteckten Klavier, die Japanerin Yayoi Kusama bemalte einen ganzen Raum mit ihren berühmten „Dots“, in dem selbst übergroße Tulpen im Pünktchenrausch untergehen.

Die Marrokanerin Hicham Berradas zeigt mit „Mesk-Ellil“ ein technisches Meisterwerk und ein herausragendes Beispiel sinnlicher Naturerfahrung: Mittels künstlichem Mondlicht wird der Tag-und-Nachrythmus einer bestimmten Jasmin-Pflanze so manipuliert, dass sie genau dann ihren wunderbaren Duft versprüht, wenn die Zuschauer während des Tages an ihr vorbeiziehen. Normalerweise verströmt sie nur nachts ihr betörendes Parfum.

Oder der Chinese Zheng Bo, der in Videos zeigt, wie er durch Berührung mit Bäumen und Blättern einen Orgasmus nach dem anderen bekommt.

Und die Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist, deren wunderbare Videoarbeiten ich bereits 1999 im Musée d‘ Art Moderne in Paris erleben durfte (mit der Installation „F3“, welche ein Appartement zeigte, in dem an jeder Ecke und in jedem Gegenstand ein Fernseher versteckt war, in denen Videos ganz unterschiedlicher Art in Dauerschleife zu sehen waren).

Pipilotti Rist zeigt im Gropius-Bau die Installation „Homo Sapiens Sapiens“, in welcher an der Decke eine ovale Leinwand zu sehen ist und darunter auf dem Fußboden Sitzkissen. Auf der Leinwand läuft ein Video, indem zwei nackte Frauen einen Garten für sich erobern und quasi jede Pflanze einmal selbst ausprobieren…Zheng Bo und Pipilotti Rist sollten vielleicht zusammenarbeiten.

Fazit: Großartig!

„Garten der irdischen Freuden“
26. Juli bis 1. Dezember 2019
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstrasse 7
10963 Berlin
Tel. 030 254860
Mi-Mo 10-19 Uhr, Di geschlossen

Mit freundlicher Genehmigung von Kultur24-Berlin.de.