Der Kommentar am Sonntag in DNEWS24.

Gedankenmacher: Und die nächste Baustelle ist…

Im Mittleren Osten bahnt sich eine Entwicklung von weltgeschichtlicher Bedeutung an. Und wir merken es nicht.

Seit Ende des 1. Weltkrieges ist Saudi-Arabien ein treuer Verbündeter der USA. Ohne das Öl aus saudischen Quellen hätte es weder den Aufschwung der US-Wirtschaft in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts gegeben noch den Sieg über Deutschland und Japan im 2. Weltkrieg. Seit 1979 steht die Monarchie am Persischen Golf in scharfem Konfrontationskurs um die Macht im Mittleren und Nahen Osten mit dem Mullah-Regime in Teheran.

Das ist seit letzter Woche Geschichte. Saudi-Arabien und Iran haben diplomatische Beziehungen aufgenommen – unter der Vermittlung Chinas. Saudi-Arabien will ab Mai bis zum Jahresende 2023 gemeinsam mit Russland, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, Oman und Algerien die Ölproduktion drosseln. Bemerkenswert ist ferner, dass Saudi-Arabien den Status eines Dialogpartners in der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit erhält. In der SCO sind folgende Staaten Mitglieder: China, Kasachstan, Kirgistan, Russland, Tadschikistan, Usbekistan, Indien, Pakistan, Iran. Einen Beobachterstatus haben: Mongolei, Afghanistan, Belarus.

Während die westliche Welt und die Medien gebannt auf den russischen Aggressionskrieg in der Ukraine blicken und China von einem Überfall auf Taiwan abhalten wollen, hat Peking leise und unglaublich effizient eine nicht zu überschätzende Machtbasis vor den Toren Europas aufgebaut. Der Krieg im Jemen könnte durch die neue Machtkonstellation möglicherweise beendet werden. Das Atom-Programm Irans wird jedoch ungehindert weiterlaufen und die Existenz des Staates Israel nachhaltig gefährden.

Zu all dem hat die wankelmütige und unentschlossene Politik der Administration Obama/Biden von 2009 bis 2016 einen verhängnisvollen Beitrag geleistet. Zudem hatte es US-Präsident Obama zugelassen, dass die hoffnungsvoll gestartete Arabellion im Chaos des libyschen Sandes und der syrischen Ebenen versickerte. Die Zerstörung unzähliger Menschenleben und wirtschaftlicher Existenzen ist die Folge der halbherzigen, von angeblich moralischen Ansprüchen angetriebenen Außenpolitik. Millionen Flüchtlinge destabilisieren seitdem die Mittelmeer-Region und die EU. Obama und sein Vize Joe Biden haben es zugelassen, dass Russland wieder mächtigen Einfluss im Nahen Osten gewann, und die Türkei zur dominierenden Militär-Mittelmacht aufstieg. Der Tiefpunkt einer klugen und strategischen Außenpolitik war die Denunziation Saudi-Arabiens als „Paria-Staat“ durch US-Präsident Joe Biden.

Dieser Zeitenwende schaut die deutsche Außenpolitik unter Annalena Baerbock und Bundeskanzler Olaf Scholz schweigend und tatenlos zu. Die Ampelregierung scheint weder beunruhigt, was die Energie-Zufuhr aus der Spannungsregion anbelangt, noch scheint es im AA oder im Bundeskanzleramt eine Strategie zu geben, wie die „feministische Außenpolitik“ Deutschlands auf die völlig veränderten Realitäten rund um den Persischen Golf reagieren sollte.

Hier bahnt sich das nächste Komplettversagen der westlichen und damit auch der deutschen Politik an. Putin und Xi Jinping können gelassen abwarten und zuschauen. Weniger gelassen dürften die Bürger des Staates Israel sein, die jetzt wieder unter dem Beschuss der Raketen aus dem Gaza-Streifen und dem Libanon leiden. Zu diesem Angriff auf Israel haben sich Milizen verabredet, die bisher verfeindet waren: Hamas (Qassam-Brigaden), Hisbollah, al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden und der Palästinensische Islamische Dschihad (PIJ).

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Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“

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