Der Kommentar am Sonntag in DNEWS24.

Gedankenmacher: ÖRR – öffentlich-rechtliche Raffkes

Man will es kaum glauben: die Bunderegierung bezahlt Journalisten der ARD, des ZDF und der privaten Sender. Das Unrechtsbewusstsein bei den Beteiligten gibt es nicht.

Der Skandal ist riesig. Jede Aufregung über die vermeintliche Korruption namhafter Medienvertreter ist gerechtfertigt. Das Ausmaß der Ignoranz der Beteiligten, die ihr Handeln verteidigen und nicht etwa demütig um Entschuldigung bitten, ist erschütternd.

Was ist geschehen? Die Bundesregierung hat in großem Umfang Journalisten von ARD, ZDF und ProSiebenSat1 sowie verschiedenen Print-Medien dafür bezahlt, dass sie Veranstaltungen mit Ministern moderierten und die Politiker „interviewten“. Zudem wurden Werbefilmchen produziert, Inhalte generiert – im bezahlten Regierungsauftrag von angeblich unabhängigen Journalisten. Obwohl im Einzelfall zum Teil fünfstellige Beträge flossen und die Gesamtsumme der Ausgaben laut Bundespresseamt im Millionenbereich liegt, behaupten die „gekauften“ Journalisten, sie seien unabhängig. „Wes Brot ich esse, des Lied ich sing!“ soll für sie nicht gelten? Wer’s glaubt…

Wie die „Berliner Zeitung“ herausfand, ist der Kreis der Profiteure groß und geht über die bereits bekannte Linda Zervakis weit hinaus. Bei ARD und ZDF und ihren verschiedenen Sendern soll es bislang 116 bekannte Raffkes gehen, bei „Spiegel“, „Zeit“, „Tagesspiegel“ & Co sind es immerhin 84 aufgedeckte Namen.

Es zeigt sich, wie weit weg diese Leute von den „Menschen da draußen“ sind. Sie bekommen (und nehmen) für 30 Minuten „Arbeit“ den Lohn, für den ein Arbeiter einen ganzen Monat schuften muss. Scham? Reue? Fehlanzeige!

Neben arbeitsrechtlichen Fragen – Genehmigung von Nebenbeschäftigungen oder nicht – stellen sich Fragen der Compliance. Wie können es Qualitäts-Medien rechtfertigen, dass ihre Vorzeige-Gesichter und Edel-Federn ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen? Es ist zu befürchten, dass das Vertrauen der Bürger in die selbsternannte „Vierte Gewalt“ weiter nachhaltig beschädigt wurde. Dieser Skandal potenziert die Spiegel-Affäre, die Hitler-Tagebücher und die Relotius-Fake-News um ein Vielfaches.

Lesetipp

Die Vierte Gewalt. Von Richard David Precht und Harald Welzer (Buchtipp in DNEWS24)

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Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“

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