Ein Gericht findet Haß- und Fäkal-Sprache gegen Politikerin normal und akzeptabel

Worte sind Waffen. stand hier vor einigen Tagen. Jetzt hat ein Gericht amtlich festgestellt, was sich Politiker gefallen lassen müssen. Und das ist völlig unakzeptabel. Ein Kommentar von Uwe-Matthias Müller.

Man muss sie nicht mögen. Weder „die“ Politiker, noch die Politikerin, um die es in diesem speziellen Fall geht. Aber Hass und persönliche Verunglimpfung gehen nicht nur individuell zu weit. Sie spalten die Gesellschaft und schaffen ein Klima, in dem Gewalt gegen Sachen und Personen, Anschläge und Morde wieder möglich werden.

Es soll hier ausdrücklich weder um Renate Künast oder ihre eigenartigen Äußerungen zu einem besonderen Sachverhalt gehen. Darüber kann man durchaus geteilter Meinung sein. Es geht um die Sprache im öffentlichen Raum. Und es geht darum, dass ein Gericht, das Frau Künast zum Selbstschutz angerufen hat, die sie herabsetzenden Begriffe und Formulierungen ausdrücklich als normal, üblich und nicht herabsetzend einstuft.  Zum besseren Verständnis folgen jetzt die Sätze und deren Einstufung durch das Gericht – unkommentiert… Aber Vorsicht. Einiges ist nichts, was Sie sonst in DNEWS24 lesen würden…

  1. „Knatter sie doch mal einer so richtig durch, bis sie wieder normal wird!“ Laut Gericht handelt es sich „nicht um die Darstellung sexueller Fantasien in Bezug“ auf Künast sondern um „Kritik an ihrer (Künast d.R.) Äußerung“.
  2. „Wurde diese „Dame“ vielleicht als Kind ein wenig viel gef… und hat dabei etwas von ihren Verstand eingebüßt.“ Laut Gericht ist diese Formulierung nicht persönlich herabsetzend.
  3. Bei der Formulierung „Die alte hat doch einen Dachschaden die ist hol wie Schnittlauch man kann da nur noch kotzen.“ handelt es sich laut Gericht um eine klare Kritik.
  4. „Pfui du altes grünes Dreckschwein…“ Laut Gericht ist jeglicher Tiervergleich per se keine Beleidigung.
  5. „Der würde in den Kopf geschi … War genug Platz da kein Hirn vorhanden war/ist“. ist laut Gericht nicht kritikwürdig.
  6. „Die will auch nochmal Kind sein weil sonst keiner an die Eule ran geht!“ Diese Formuierung ist laut Gericht weder in höchstem Maße sexistisch und degradierenden Charakters. Und weiter: „Die Eule wird normalerweise als Symbol der Weisheit verwendet. Dass sie in Bezug auf eine Frau geäußert zum Ausdruck bringe, dass diese hässlich sei, wie die Antragstellerin dies meint, lässt sich nicht feststellen.“.

Immerhin „Schlampe“, „Schlamper“ und „Drecks Fotze“ wertete das Gericht anders als in seiner ersten Entscheidung als „direkte auf die Person der Antragstellerin gerichtete Angriffe, die keine Sachkritik üben wollen, sondern allein der Diffamierung der Person der Antragstellerin dienen“. Auch die Bezeichnung als ein „Stück Scheisse“ stellt einen „gezielten Angriff auf die Ehre“ dar. Der Kommentar, Künast gehöre wie „Sondermüll“ „entsorgt“, wertete das Gericht sogar als „Angriff auf die Menschenwürde“, da damit „offen eine Anspielung an die Vernichtung von Menschen während des Nationalsozialismus verbunden ist“. Künast kann von den Verfassern dieser Äußerungen die Daten erhalten, die sie benötigt, um diese zivilrechtlich zu belangen.

Wenn in Deutschland solche Formulierungen in der Auseinandersetzung normal werden oder bereits sind, erlaubt und in der politischen oder gesellschaftlichen Auseinandersetzung als üblich angesehen und hingenommen werden, dann gute Nacht… Hier werden niederste Instinkte eines selbsternannten Volkes der Denker und Dichter offenbar, die nicht nur in der Anonymität sozialer Medien gären. Wer es wirklich ernst meint mit der Auseinandersetzung – von mir aus auch mit „Gutmenschen“, „Mainstream-Medien“ und linksliberalem Oktroyierungs-Wahn – muss sich angewidert abwenden von diesem Level – um das Wort Niveau zu vermeiden – der Debatte. Und das ein Gericht in Deutschland derlei toleriert und nicht sanktioniert lässt mich ratlos zurück…

P.S. In dem Zusammenhang halte ich einen Beitrag in der Berliner Zeitung mit dem Titel „Digitale Gewalt: Frauen sind am meisten von Hasskommentaren und Stalking im Netz betroffen“ (Link: https://www.berliner-zeitung.de/zukunft-technologie/frauen-sind-am-meisten-von-hasskommentaren-und-stalking-im-netz-betroffen-li.5472) für lesenswert.

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