Die Inflation frisst den Wohlstand der Mittelschicht

Im Juli 2021 wurde die höchste monatliche Inflationsrate seit 1996, dem Start der harmonisierten Messung in Europa festgestellt. Die Folgen sind dramatisch.

Die Inflationsrate in Deutschland ist im Juli 2021 erneut deutlich gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt nach einer ersten Schätzung mitteilte, legten die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 3,8 Prozent zu. Im Juni lag die Inflationsrate zuletzt bei 2,3 Prozent, im Mai bei 2,5 Prozent.

Mehrere Ökonomen sprachen in ersten Einschätzungen von einem regelrechten „Preissprung“, wie es ihn auch schon zum Jahresbeginn gegeben hatte. Noch Ende vorigen Jahres waren die monatlichen Inflationsraten in Deutschland negativ gewesen, die Preise waren im Durchschnitt gefallen. Mit dem Jahreswechsel hatte sich das geändert.

Für viele Arbeitnehmer und Rentner bedeutet die hohe Inflations-Rate einen realen Kaufkraftverlust. Die Löhne von Millionen Beschäftigten mit einem Tarifvertrag werden dem Tarifarchiv des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zufolge 2021 erstmals seit einem Jahrzehnt langsamer steigen als die Verbraucherpreise. Unter Berücksichtigung der im ersten Halbjahr abgeschlossenen Verträge und der in den Vorjahren für 2021 vereinbarten Erhöhungen dürften die Tariflöhne um durchschnittlich 1,6 Prozent zulegen und damit deutlich weniger als die Preise. Die an die Entwicklung der Löhne gekoppelten Renten steigen ebenfalls nicht mehr so stark wie in den Vorjahren.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eben ihr Inflationsziel überarbeitet und strebt nun in der EURO-Währungsunion mittelfristig 2 Prozent Inflation an. Bislang hatte das Ziel „unter, aber nahe 2 Prozent“ gelautet. Für eine Übergangszeit nimmt die EZB sogar ein Überschreiten dieser angehobenen Zielmarke in Kauf.

Inflations-Gründe

Den Preissprung begründeten Ökonomen unter anderem mit den Auswirkungen der Anhebung der Mehrwertsteuer. Diese war im vergangenen Jahr wegen der Pandemie für die Monate Juli bis Dezember herabgesetzt worden und wurde mit dem Jahreswechsel wieder auf das alte Niveau erhöht. Deshalb werden seit Juli dieses Jahres nun für die Berechnung der Inflationsrate die Preise des Jahres 2021 mit höherer Mehrwertsteuer mit Preisen aus dem Jahr 2020 zu dem niedrigeren Steuersatz verglichen.

Es gibt aber noch weitere Inflationstreiber. Der erste Faktor sind die Rohölpreise. Im vorigen Jahr war der Ölpreis stark gefallen, weil die Ölnachfrage wegen des Corona-Lockdown niedrig war. Nach dem Lockdown hat sich Öl wieder deutlich verteuert. Dies war die wichtigste Ursache für den Anstieg der Preise von Benzin, Diesel und Heizöl. Auch der von der Bundesregierung eingeführte CO2-Preis für den Klimaschutz in Deutschland hat Kraft- und Brennstoffe gegenüber 2020 weiter verteuert. Der zweite Faktor sind Reisen, die aufgrund gestiegener Nachfrage von Urlaubern teurer geworden sind. Der dritte Faktor sind Preissteigerungen, die Dienstleister nach dem Lockdown durchzusetzen versuchen, zum Beispiel in der Gastronomie.

Nullzins-Politik macht das Sparen unattraktiv

Die Nullzinspolitik der EZB ist eine der Folgen der Finanzkrise von 2008. Während die, die auf Kredit bauen und konsumieren wollen eine goldene Zeit erleben, sind die gebeutelt, die private Altersvorsorge betreiben, sich aber nicht trauen, an der Börse zu investieren, sondern lieber bei Sparkassen und Banken Geld sparen. Denn viele Geld-Institute zahlen nicht nur keine Zinsen mehr, sie verlangen sogar Strafzinsen. Das bedeutet, dass Sparen keine Zinsen bringt, sondern sogar noch Geld kostet. Zudem frisst die hohe Inflation das Sparguthaben zusätzlich auf.