Die Fortschritts-Koalition der Ampel-Parteien wäre kein Gewinn für Deutschland

Das Sondierungs-Papier der gewollten Koalitionäre ist merkwürdig substanzlos. Wenn das der große Aufbruch in eine schöne neue Zeit sein soll, dann Gute Nacht.

Die neue Bundesregierung würde den bisher in unserem Land gelebten Föderalismus überarbeiten und will offenbar mehr Kompetenzen und Verantwortung auf die Ebene des Bundes verlagern. Wie dies konkret geschehen soll bleibt offen, genauso wie die Frage, was Länder, Landkreise und Kommunen zu einer Umverteilung der Zuständigkeiten sagen würden. Wie durch eine Umverteilung zu Gunsten des Bundes mehr Bürgernähe erreicht werden soll? Ich weiß es nicht und die Koalitionäre schweigen dazu.

Zwei Prozent der deutschen Landes-Fläche sollen mit Windrädern zugebaut werden. Die landschaftliche Vielfalt und Schönheit Deutschlands wird so weiter kommerzialisiert, ohne zu sagen, wie die Wind-Energie zu den Bürgern gelangen wird. Gleiches gilt für den Ausbau der Wind-Parks in den Meeren, deren ökologische Folgen völlig ignoriert werden.

Die geplante Anhebung des Mindestlohnes soll ohne Einbeziehung der Tarifpartner erfolgen. Gleichzeitig geloben die Koalitionäre, für die Stärkung der Tarifautonomie sorgen zu wollen. Ein klarer, ideologiegetriebener Widerspruch.

Auch kein großer Wurf bei der Rente: zwar soll künftig ein kleiner Teil der Beiträge als „Aktienrente“ verbucht werden, ein staatlich regulierter Beitragsfonds gebildet werden und die Riester-Rente reformiert werden. Das Renten-Niveau (48 %) und das Renteneintritts-Alter aber sollen unverändert bleiben. Wie das angesichts eines schon heute schwindelerregend hohen Bundes-Zuschusses von 100 Milliarden Euro jährlich und der Tatsache, dass die Zahl der Beitragszahler sinken wird und die Zahl der leistungsempfangenden Rentner demografiebedingt steigen wird, finanziert werden soll … bleibt unbeantwortet.

Das Gesundheits-System und die Pflege sollen stabilisiert und verbessert werden. Wo dafür kurzfristig Personal herkommen soll und wie diese lobenswerten Vorhaben finanziert werden sollen? Keine Antwort. Und dann gibt es da auch noch diverseste Lobby-Gruppen, die schon bisher alle sinnvollen Reformen im Keim erstickt haben.

Es wäre so schön gewesen, wenn die Sondierer Aussagen formuliert hätten, wie die auseinandertreibende Gesellschaft, zunehmende Gewalt in Wort und Tat, fanatisierte Grüppchen-Priorisierung und eine ideologiegetriebene Intoleranz-Pervertierung unserer Sprache wieder geheilt würden. Dazu fehlt aber entweder die Einsicht oder der Mut. So wird diese Ampel-Koalition nur eine weitere Bundesregierung von vielen sein. Ohne die Kraft für einen wirklichen und nachhaltigen Umbau unserer Gesellschaft. Eine verlorene Chance und das angesichts der ablaufenden Zeit in den drei wichtigsten Handlungs-Feldern: Klima-Schutz, Digitalisierung und eben Demografie.

Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“