Die einen labern, die anderen machen

Die große Mehrheit der Bürger handelt verantwortungsvoll. Eine kleine Minderheit von Vulgärlibertären schreit und schlägert, die Politik labert.

ES REICHT.

Wir sind mitten in der vierten Welle der Coronavirus-Pandemie. Mal wieder beherrscht das Corona-Thema dominant unser Leben, mal wieder heißt es „stay-at-home“ und der nächste drastische Lockdown ist wohl nur noch eine Frage der (kurzen) Zeit. Lockdown für ALLE, also auch für die, die sich ohne Gutzis wie Bratwürsten und ähnlichen Incentives impfen und boostern ließen. Und warum das? Weil die Politik zu faul, zu dumm oder wer weiß was war, die mutwillig Impfunwilligen, die Faulen und Sorglosen dazu zu bringen, nicht eine übergroße Mehrheit dominieren zu wollen. Es fällt zunehmend schwerer ruhig zu bleiben, wenn sich die Herren Spahn, Lauterbach, Wieler & Co mal wieder auf die Mattscheibe drängen. Und auch die vielen telegeilen Virologen mit ihren widersprüchlichen Aussagen sind nur noch schwer zu ertragen. Ja, Statistiken stimmen oft nicht, Arbeitsabläufe laufen schief, Berufsverbände und Ministerpräsidenten kochen ihr eigenes ständisches oder parteipolitisches Süppchen. Diese offenkundige Unfähigkeit für den Beweis eines „Deep State“ zu erklären wäre Grund für lauteste Heiterkeit – wäre die Lage nicht so traurig. 90 % der wegen Corona in den Krankenhäusern Behandelten sind ungeimpft. Statistischer Zufall? Wer das glaubt, glaubt auch daran, dass in 26 Tagen der Weihnachtsmann leibhaftig an die Tür klopft…

Die Freiheit der Bürger-Rechte wird durch das Nichtstun und das Verweigern von Impf-Unwilligen eingeschränkt. In einem Land, in dem zum Beispiel Datenschutz heilig ist, ein Unding. Oder? Das ist – mehr als 100 Jahre nach der Oktober-Revolution 1917 in Russland – die tatsächliche Diktatur des Gedanken-Proletariats. Diese lautstarke, durch soziale Medien algorithmisch hochgejazzte Minderheit sagt es doch klar und deutlich: wir wollen uns nicht impfen lassen; wir wollen uns nicht schützen. OK, dann eben nicht. Warum diese Leute aber den wirklich gutwilligen Kranken die raren Betten auf den Intensiv-Stationen wegnehmen (dürfen), erschließt sich mir nicht.

Während an diesem Wochenende wieder Hundertausende in den Stadien den Fußball-Mannschaften zujubeln, deren Spieler zu einem nicht geringen Teil auch nicht geimpft sind, kämpfen in den Krankenhäusern Zehntausende von Medizinern um Tausende Menschenleben. Die Kranken können meist schon nicht mehr von Verwandten und Freunden besucht werden, weil die Krankenhäuser keine Besucher einlassen oder die Kranken schon in andere Bundesländer oder sogar ins Ausland verlegt werden mussten.

Es droht die Triage, die grausame Entscheidung, wer noch behandelt werden soll, wenn die Behandlungs-Kapazitäten nicht mehr ausreichen. Die Frage ist erlaubt: warum werden die, die alles getan haben sich zu schützen, nicht bessergestellt als die, die wissentlich den angebotenen Schutz verweigert haben? In diese triste Triage-Lage sind wir doch erst gekommen, weil es zu viele gibt, die die Warnsignale einfach nicht hören wollen. Darf die Minderheit, die sich unsolidarisch verhält, auf die Solidarität der Mehrheit bauen?

Ich will mit Familie und Freunden ein unbeschwertes, friedliches Weihnachts-Fest 2021 feiern. Dazu wird es wohl nicht kommen. Dank all jenen, die zu dumm oder zu böswillig oder zu faul sind, sich und damit auch uns zu schützen.

ES REICHT MIR!

Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“