Der Nimbus Deutschlands ist verflogen

Es quietscht an allen Ecken und Enden. In der Folge dessen, was die Bürger erleben, nimmt die Zustimmung zur Regierung in Berlin stetig ab. Dabei steht unsere Gesellschaft vor größten Herausforderungen.

Deutschland ist mein Vaterland, hier bin ich geboren. Ich bin immer wieder gern hierher gekommen, aus dem Urlaub oder von Geschäftsreisen. Jetzt aber kippt meine Stimmung. Schaue ich in die Medien sehe ich, dass die viertgrößte Volkswirtschaft der Erde bei der Digitalisierung laut Neue Zürcher Zeitung nur auf Platz 54 liegt – die UNO kennt 195 Staaten. Und dies, obwohl es eine Staatsministerin im Kanzleramt für Digitalisierung gibt. Kein Bürger ahnt allerdings, was Dorothee Bär leistet – außer, das sie als Conferencière bei CSU-Veranstaltungen auftritt.

Drei Wochen nach der schrecklichen Flutkatastrophe im Westen Deutschlands leben immer noch Tausende von Bürgern ohne Strom und sauberem Wasser. Statt aber endlich den Bürgern zu helfen, verfolgt die SPD-geführte Landesregierung von Rheinland-Pfalz den Landrat von Ahrweiler (CDU), weil der angeblich zu spät auf automatisierte Mails reagiert haben soll. Auf die Idee, einfach mal anzurufen und den lahmen Landrat anzutreiben – wenn das denn nötig gewesen sein sollte – ist aber in Mainz niemand gekommen…

Das Bundesland Berlin ist notorisch pleite. Der Regierende Partymeister Klaus Wowereit („Berlin ist arm aber sexy!“) und sein Finanzsenator Thilo Sarrazin (beide SPD) haben einen strikten Sparkurs gefahren – beim Personal und bei der Infrastruktur. Während der doch noch eröffnete Flughafen BER funkelt, können viele Berliner gar nicht reisen – nicht wegen Corona, sondern weil die Bürgerämter einen Rückstau von 250.000 unerledigten Aufträgen haben. Kein Personal, schlechte IT, kein gültiger Ausweis. Deswegen dürfen die Berliner am 27.9.2021 nun auch ohne gültigen Ausweis wählen. Bananen-Republik Deutschland.

Robert Habeck kann übrigens auch nicht erklären, wie das von den Grünen geplante Energiegeld ausgezahlt werden soll. Da es keine einheitliche IT-Schnittstelle zwischen Staat und Bürgern gibt, ist fraglich wie die Bürger die versprochenen 75,00 Euro pro Kopf erhalten können.

Zurück zur Flutkatastrophe. Die Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin wird in der kommenden Woche über einen Wiederaufbau-Fonds beraten – virtuell. Früher ging nicht, denn Angela Merkel war in Urlaub, da mag eine Flut kommen oder nicht, wenn die Bundeskanzlerin urlaubt geht halt nix… Der Bundestag soll dann am 7. September beraten, weitere drei Wochen werden dann vergangen sein. Diese Art Katastrophen-Management kennen wir sonst nur aus Dritte-Welt-Ländern, in denen wir zwar gern in abgeriegelten Resorts urlauben, auf die wir aber eigentlich hochmütig herabblicken.

Derweil wird die Fahrt der Bundeswehr-Fregatte Bayern in die Indo-Chinesische Region von Politik und Medien gefeiert, als würde ein deutscher Christoph Kolumbus mit einer fragilen Nuss-Schale in exotische Welten aufbrechen um ferne Kontinente zu entdecken.

Mir graut vor dem 27.9.2021. Werden wir am Morgen mit einer siegreichen Kandidatin aufwachen, die nach dem Motto handelt „mehr Schein als sein“, mit einem Kandidaten, den seine eigene Partei nicht wollte oder mit einem Kandidaten, der seine schier unvermeidliche Niederlage feixend aussitzen will?

Früher war alles besser? Wahrscheinlich nicht. An ein derartiges Chaos der Verantwortung wegschiebenden Politiker und Wirrwarr der Gefühle kann ich mich nicht erinnern. Und das ist sicher nicht nur eine Frage meines Alters…

Der Autor

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.

Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.

Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“