Das Rentenkonzept ist keine Alternative für Deutschland

Der Wirtschaftswissenschaftler und Parteivorsitzende Jörg Meuthen wollte den großen Sprung wagen. Es blieb beim kleinen Hüpfer.

Ganze 7 (sieben!) Jahre nach ihrer Gründung will die AfD endlich eine Programm-Lücke schließen und ihre Ideen für eine Rettung des deutschen Renten-Systems im demografischen Wandel vorstellen. Dafür hat die Partei mit den 6 Millionen Wählern einen Parteitag im niederrheinischen Kalkar angesetzt. Viel Aufwand, viel Aufmerksamkeit. Wenig Ergebnis… AfD-Chef Jörg Meuthen wollte die Abschaffung der gesetzlichen Rente, die bisher durch Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert wird („Umlageverfahren“). Stattdessen sollte das System auf eine steuerfinanzierte Mindestrente umgestellt werden, die knapp über der Existenzsicherung liegt. Wer mehr will, soll – mit staatlichen Anreizen – privat sparen. Da die Zahl der Rentner in den nächsten Jahren stark zunehmen, die Zahl der Arbeitnehmer bzw. Beitragszahler aber stark abnehmen wird, eine eigentlich logische Folgerung. Und ein System, das in anderen Ländern gut funktioniert. Was aber hat der Parteitag beschlossen?

Die AfD fordert in ihrem Leitantrag „Freiheit beim Renteneintritt“. Jeder solle individuell über das Ende seines Arbeitslebens entscheiden und entsprechend mehr oder weniger Rente beziehen. Damit wird der gestiegenen Lebenserwartung Rechnung getragen. Bei der Rente besser gestellt werden sollen Geringverdiener: Es sollten nur 25 Prozent der Altersrente auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden. Politiker und Selbstständige sollen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden, außerdem der Großteil der neu eingestellten Beamten – mit Ausnahme von Bundeswehr, Polizei, Zoll, Finanzverwaltung und Justiz. Familien sollen für jedes Kind 20.000 Euro Beiträge der Eltern zur Rentenversicherung aus Steuermitteln erstattet bekommen, ohne dass sich die Rentenansprüche verringern. Zudem solle der Staat „pro geborenem Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit und Lebensmittelpunkt in Deutschland“ monatlich 100 Euro bis zum 18. Lebensjahr „in die Spardepots der jeweiligen Kinder“ einzahlen.

Lackiert man ein Auto neu, hat man noch lange kein Cabrio mit umweltfreundlichem Antrieb. Ähnlich verhält es sich mit dem Rentenkonzept der AfD. Es ist keine Alternative für Deutschland, denn es behandelt nur die Symptome des demografischen Wandels. Von einer radikal-bürgerlich-wirtschaftsliberalen Partei – so sieht sich die AfD gern selbst – hätte man nach sieben Jahren Grübelns mehr erwarten dürfen…

Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus. Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.