Bundestagswahl: Der CSU droht eine historische Niederlage

CSU oder Sozialismus? Aus der Mottenkiste kriecht der Schlafwagenwahlkampf-Zug der Union dahin. Jetzt droht die CSU an der 5%-Hürde zu scheitern.

Im Wahlkampf zum 20. Deutschen Bundestag droht Markus Söder samt der CSU spektakulär zu scheitern. Es droht eine Gefahr, auf die bislang kaum jemand achtet: das Scheitern an der 5%-Hürde für den Bundestag. Bisher war es so, dass diese in nur einem Bundesland antretende Unionspartei, als für den Bundestag gesetzt schien. Die Übermacht der CSU in Bayern war unangefochten und reichte auch auf der Bundesebene für die 5% aus. Mit Traumergebnissen im bevölkerungsreichen Bayern von den Wählern bedacht, reichte es immer, seit nun mehr als 70 Jahren. Aber: seit geraumer Zeit bröckelt die Omnipotenz der CSU. Sinkende Wahlergebnisse gibt es auf Landes- und kommunaler Ebene. Freie Wähler, AfD und auch die Grünen knabbern am Postament der selbsternannten Staatspartei. Unter dem neuen Kini Markus I. beschleunigt sich der Machtverfall der CSU noch dramatisch.

Diese Macht hat schon mehrfach so stark gelitten, dass die Freien Wähler zusammen mit der CSU Bayern regieren dürfen. Das hatte schon sicht- und hörbare Folgen für Söder. Die Impfkampagne findet nicht überall in der gemeinsamen Regierung den auch gemeinsamen Zuspruch. Söder hat lernen müssen, Macht zu teilen. Auch die Meinungshoheit zu teilen. Sogar in der eigenen Regierung. Diese neue Art bayrisch gelebter Demokratie bedarf der Übung. Und sie schafft neue Einsichten bei der CSU-Wählerschaft. Und eine dieser Einsichten ist die, dass es neben der CSU auch noch andere konservativ-bürgerliche Parteien gibt.

Die nach außen demonstrierte breitbeinige Kraftstrotzigkeit der CSU, die Verkrustung des Machtgefüges, die Tatsache, dass Anspruch und Ankündigungen zum Teil meilenweit von der von den Bürgern erlebten Wirklichkeit entfernt sind und die Spitze des Korruptions-Eisberges, die durch das ruchlose Handeln der Masken-Raffkes, die ja zum Teil zur bis dahin gefeierten CSU-Prominenz gehörten, stoßen viele bürgerliche und konservative Wähler ab. Selbst in der Hoch-Phase des Bundestags-Wahlkampfes erhält der Große Vorsitzende Markus Söder bei seiner Wiederwahl nur ein „ehrliches Ergebnis“, wie er selbst zerknirscht zugeben musste.

Franz-Josef Strauss sagte einmal, fast schon visionär, dass es rechts neben der CSU keine anderen demokratischen Parteien geben dürfe. Das war überspitzt gesagt, aber er meinte das Richtige. Denn er kannte die Bayern sehr gut. Besser als nach ihm jeder andere CSU-Protagonist.

Nun hat es die ewige Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel seit 16 Jahren nicht nur verstanden dem Land insgesamt einen Linksruck einzuhauchen, sie hat auch dafür gesorgt, dass die konservative „Schärfe“ der CSU in Bayern gelitten hat. Zumindest in den Augen der Wähler. Denn die Dobrindts dieser (Bundestags-)Welt folgten der Kanzlerin lammfromm. Und die Bundesminister Bär, Scheuer, Seehofer und Müller sind wahrlich keine intellektuellen und durchsetzungsfähigen Glanzlichter einer bürgerlich-konservativen Bundesregierung. Die CSU-Stammwähler werden zunehmend zu … Fremdgängern. Sie wandern, wandeln oder taumeln zu anderen Parteien ab, die immer mehr Stimmen abfischen, die für einen Machterhalt der CSU und der Union insgesamt dringend benötigt würden.

So wird die CSU in Bayern nach der Wahl mit Sicherheit noch einmal das Unionsprinzip überdenken. In Bayern wird man nämlich lernen (müssen), dass ein linkdriftender Kamikazekurs der größeren Schwesterpartei im Bund durchaus auch bayrische Befindlichkeiten konservativer Art einzustampfen vermag. Die bundespolitische Bedeutung der CSU und Bayerns könnte ab dem Herbst diesen Jahres gen Null tendieren. Kurz: die bayrisch-konservative Traditions-Macht und Interessenvertretung in Berlin wäre ruiniert.

Das wird sich weder der bayrische Bürger noch die bayrische Wirtschaft gefallen lassen. Ergo wird sich die CSU nach dieser Wahl umorientieren.

„Getrennt marschieren und gemeinsam kämpfen“, sagte einmal Feldmarschall Moltke und führte die Armeen Preußens über hunderte Kilometer verstreut zur gemeinsamen Schlacht. Diese gemeinsame Schlacht findet für CDU/CSU am 26. September vielleicht zum letzten Mal statt.

Laschet und Söder marschieren schon getrennt, und ob es am 26. September zum gemeinsamen Sieg reichen wird, ist mehr als ungewiss. Und so, wie Laschet zurzeit marschiert – etwas richtungslos und jedenfalls glücklos – ist auch nicht die Art, wie Söder und die CSU das wollen. Das sagen Generalsekretär Blume und der große Vorsitzende jedem, der ein Mikrofon oder einen Kugelschreiber halten kann. Wie titelt der „Tagesspiegel“ über einem Bild von Markus Söder? „Laschets ärgster Gegner“…

Sascha Rauschenberger, geboren 1966 in Wattenscheid, ging nach dem Abitur zur Bundeswehr, wo er als Panzeraufklärer und Nachrichtenoffizier Dienst tat. Er diente, unter anderem als Reservist, in vier Auslandseinsätzen, zuletzt als Militärberater in Afghanistan.

Seit 2000 ist er als Unternehmensberater im Bereich Projektmanagement und Arbeitsorganisation (Future Work) tätig.