Buch-Tipp: Die Rhetorik des Sebastian Kurz

„Ich bin einer von euch, also folgt mir.“ Sebastian Kurz hat seinen Erfolg weder seiner Jugendlichkeit noch seinem Charme zu verdanken, analysiert der Kommunikationsexperte Thomas W. Albrecht. Er ist seiner Redetechnik geschuldet. In seinem Buch „Die Rhetorik des Sebastian Kurz“ entschlüsselt Albrecht anhand konkreter Reden, welche Methoden er benutzt und was ihn von Rendi-Wagner, Meinl-Reisinger, Kickl und Hofer unterscheidet.

Nicht der Inhalt, die Verpackung zählt

Die ÖVP schien kurz vor dem Zusammenbruch, als Sebastian Kurz die Parteispitze übernahm und Umfragewerte wieder nach oben katapultierte. Wie konnte er in kürzester Zeit so viele Menschen von sich überzeugen? „An seinem jugendlichen Alter liegt es wohl nicht“, bemerkt Thomas. W. Albrecht. „Wenn jemand andere für sich gewinnen möchte, geht das meist über Sprache.“
Albrecht setzt sich in seinem neuen Buch mit den Reden des Politikers auseinander – und wie erwartet ist es nicht ihr Inhalt, sondern seine Rhetorik, der sein Erfolg zuzuschreiben ist. Kurz‘ Redetechnik ist akribisch ausgearbeitet und zielt darauf ab, im Unterbewusstsein zu wirken. Zu den Werkzeugen eines Redners gehören Tonlage, Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke, Mimik, Gestik, Wortwahl, Strukturierung des Inhalts sowie eine bestimmte innere Haltung. Wer sie beherrscht, kann das Umfeld gezielt steuern.

Sprache wirkt wie eine Droge

Verschiedene rhetorische Instrumente, etwa des NLP, werden von Politikerinnen und Politikern gern für ihre Zwecke eingesetzt. „Je mehr wir darüber wissen, desto besser können wir sie entlarven und ihren Einfluss auf uns kontrollieren“, erklärt der Autor. „Es liegt allerdings am Anwender, ob er sie zum Vor- oder Nachteil anderer, also für moralisch richtige oder falsche Zwecke einsetzt. Wesentlich ist, dass wir manipulative Absichten erkennen können.“
Am Ende ist die Redekunst des Redners für die Überzeugungsfähigkeit der Rede ausschlaggebend. Sprache kann wie eine Droge wirken. Die Zuhörenden glauben, die Inhalte zu hören und zu bewerten – doch in Wirklichkeit sind es die Emotionen, die uns bewegen. Inhalte in gut verständliche Form zu bringen, die Menschen berührt, macht einen guten Redner aus. Die Fakten an sich haben keine Bedeutung. Wir geben ihnen Bedeutung.

Was Kurz vom Mitbewerb unterscheidet

Albrecht erkennt einen deutlichen Unterschied zwischen Kurz und seinem politischen Mitbewerb. Kurz‘ Reden besitzen eine immer gleiche Struktur, mit der er es schafft, Bedeutung zu transportieren und das Publikum für seine Position einzunehmen, noch bevor er mit dem eigentlichen Inhalt beginnt. Kurz spiegelt den Gefühlszustand seines Publikums und wendet gleichzeitig Sprachmuster an, die ein Wir-Gefühl erzeugen. Das macht ihn zum Leader und das Publikum ist bereit, ihm zu folgen.

Geschickt bettet er Befehle in seine Reden ein. Die meisten Zuhörenden kommen nicht auf die Idee, sie zu hinterfragen. Pamela Rendi-Wagner hingegen lässt die Überzeugungsarbeit weg und konzentriert sich auf den Informationsgehalt ihrer Rede. Dabei verspricht sie sich oft, ihre Körperhaltung wirkt angespannt, sie rückt Unterlagen zurecht und ihre Aufmerksamkeit ist auf sich selbst anstatt auf das Publikum gerichtet. „Das bedeutet wenig emotionale Verbundenheit mit ihrem Publikum. Menschen, die emotional überzeugt werden wollen, werden nicht bedient“, stellt der Autor fest.

Herbert Kickl und Beate Meinl-Reisinger reagieren besser auf ihr Publikum, aber durch ihre wertenden Formulierungen und die anklagende Haltung vermindern sie die eigene Glaubwürdigkeit. Norbert Hofer teilt mit Sebastian Kurz die Fähigkeit, fehlerfrei und richtig betont zu sprechen und dabei die Kontrolle über die eigene Stimme zu behalten. Das strahlt Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit aus. Dennoch bleibt Kurz‘ Redetechnik ausgefeilter und damit wirksamer.